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bittere Enttäuschungen zu erleben. Die Seele des Jungen wird systematisch vergif-
tet, damit der Junge sich ja nicht mir zuwende. Unter diesen Umständen schädige
ich das Kind indirekt durch jede Annäherung. Komm, liebe, alte Freundin Resigna-
tion und singe mir Dein wohlvertrautes altes Lied vor, dass ich wieder ruhig wei-
terspinnen kann in meinem Winkel!
So sehen wir uns dann Ostern wieder. Ich muss Ostern einer Sitzung des Anti
Orloch-Raad in Bern beiwohnen, in dessen internationalen Rat ich mich habe wäh-
len
lassen.[2]
Jeder muss in dieser Zeit für die Allgemeinheit thun, was er kann,
wenns auch nur wenig und unbeholfen ist.
Der junge Rohrer, der bei Ihnen doktorierte, schickte mir seine Dissertation.
Wenn er von Ihnen die Anregung zu der Arbeit bekommen hat, ist es hässlich von
ihm, dass er sich hierüber
ausschweigt.[3]
Ich mache gegenwärtig auch recht kurio-
se Erfahrungen mit den lieben Kollegen. Alle bis auf einen suchen an meiner Ent-
deckung herumzunörgeln, oder wenn auch noch so oberflächlich die Sache zu wi-
derlegen; nur einer erkennt sie dadurch an, dass er sie mit grossem Tamtam zu „no-
strifizieren“ sucht, nachdem ich ihn mit vieler Mühe in den Geist der Theorie
eingeweiht
habe.[4]
Die Astronomen aber benehmen sich wie ein Ameisenhaufen,
der durch einen unbedachten Schritt des Wanderers in seinem stumpfsinnigen
Einerlei gestört worden ist; sie beissen auf den Wanderer los, ohne auch nur auf
dessen Schuhe Eindruck zu
machen.[5]
Ich finde all dies possierlich, ohne es unan-
genehm zu empfinden. Ist man schon genötigt, in diesem Narrentheater auch als
Schauspieler seine Rolle zu spielen, so wird man doch dadurch für die Mühe und
Pein reichlich entschädigt, dass man als Zuschauer das Spiel der anderen geniessen
kann.
Nun ist, wie ich lese, Meyer Nachfolger Kleiners geworden. Ich kann die Wahl
nicht missbilligen, trotz des speziellen Gesichtspunktes, welchen wir dagegen gel-
tend[t] machten. P’s Charakter erscheint mir in etwas trübem Lichte wegen der un-
freundlichen Haltung gegenüber seinem Lehrer und aufrichtigen Gönner W., dem
er Wissen und Stellung
verdankt.[6]
Es grüsst Sie von Herzen Ihr
Einstein.
ALS (SzZ, Nachl. H. Zangger, box 1c). [86 453]. The envelope is addressed “Herrn Prof. Dr. H. Zang-
ger Bergstr. Zürich Schweiz.,” with secondary postmark “Zürich Brf. Exp. –4.XII. 15 –[8].”
[1]For Hans Albert’s letter, see the previous document.
[2]He already informed Zangger of his election about a week earlier (see Einstein to Heinrich
Zangger, 26 November 1915 [Vol. 8, Doc. 152]). He was proposed for membership in a German
national committee of the Great Council of the Central Organization for a Durable Peace at a meeting
of the Bund “Neues Vaterland” held on 30 August 1915. The Central Organization was, in turn, con-
stituted by the Dutch Anti-Oorlog Raad (Anti-War Council). The Bern congress was convening to dis-
cuss the conditions necessary for the creation of a postwar league of nations. For details, see Einstein
to Walther Schücking, 22 October 1915 (Vol. 8, Doc. 131), and its notes 2 and 3.
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