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mir: „Ich schätze Stern sehr, aber er hat solch zersetzenden, jüdischen
Intellekt!“[4]
Es ist wenigstens offener Antisemitismus. Aber Schönflies und Lorenz wollen mir
helfen.[5]
Wachsmuth schlägt Kossel vor, was sehr raffiniert erdacht ist; denn gegen
diesen lässt sich doch nichts sagen, höchstens, daß er keine Mathematik kann, aber
das ist kein
Fehler.[6]
Stern hat unser kleines Institut in die Höhe gebracht und ver-
dient durchaus die Anerkennung. Ich brauche Dir seinen Wert ja nicht auseinander-
zusetzen. Dann kommen noch Lenz und Reiche in
Betracht,[7]
vielleicht auch sonst
noch Outsider. Embarras de richesse!— Ich habe Laue um sein Gutachten
gebeten;[8]
es wäre vielleicht gut, wenn Du mit ihm darüber sprächest, damit Eure
Urteile nicht gegeneinander wirken.— Ich bin jetzt sehr faul und arbeite fast gar
nichts; nur meine Versuche über freie Weglänge von Silberstrahlen verfolge ich eif-
rig. Meine Assistentin macht die Sache sehr
gut.[9]
Unser Aufbau ist ganz fertig,
aber die Messungen werden leider vor den Ferien kaum zu stande kommen. Wir
fahren am 6. Aug. nach Sulden in Süd-Tirol (Italien); ich freue mich unbändig dar-
auf, einmal wieder ganz heraus zu kommen und etwas schönes zu sehen. Meine
Frau hat sich nach der schweren Zeit nach dem Tode ihrer Mutter wieder etwas
erholt.[10]
Wir machen oft Ausflüge, das tut ihr gut. Morgen fahren wir an der
Rhein, den sie nicht kennt. Die Kinder sind
wohl.[11]
Leider zieht sich die Entscheidung über Göttingen endlos hin; wir haben immer
noch keine Wohnung dort. Nächste Woche will meine Frau hinfahren und ein Un-
terkommen suchen.
Kommst Du nicht einmal nach Süddeutschland? Wir möchten Dich so gern se-
hen und sprechen.
Mit herzlichen Grüßen an Deine liebe Frau und die jungen
Damen[12]
Dein
Max Born.
ALS. Einstein/Born 1969, pp. 55–56. [8 150].
[1]James Franck (1882–1964), head of the Physics Division at the Kaiser Wilhelm Institute for
Physical Chemistry in Berlin-Dahlem. Born, reluctant to take up responsibilities in experimental
physics, had demanded that Franck too be offered one of the vacant professorships at Göttingen. The
faculty, in turn, asked the Prussian Ministry of Education that its extraordinary professor of physics,
Robert Pohl, be promoted to a full chair. Franck and Pohl were to head the Göttingen laboratory,
whereas Born would be responsible only for theoretical physics (see Dahms 2002). For Born’s recol-
lections, see Einstein/Born 1969, pp. 49–50, and Born 1978, pp. 199–201. See also Einstein to Max
Born, 3 March 1920 (Vol. 9, Doc. 337), and Peter Debye to Einstein, 5 March 1920 (Vol. 9, Doc. 340).
[2]See Doc. 50.
[3]Otto Stern.
[4]Friedrich Wachsmuth.
[5]Arthur Schoenflies. Richard Lorenz (1863–1929) was Professor of Physical Chemistry at the
University of Frankfurt.
[6]Walther Kossel.
[7]Wilhelm Lenz, Fritz Reiche.
[8]Max von Laue.
[9]Elisabeth Bormann (see Born 1920b).
[10]On the death of Hedwig Born’s mother, see Doc. 59, note 2.
[11]Irene (1914–2003) and Gritli Born (1915–2000).
[12]Elsa, Ilse, and Margot Einstein.
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