538 DOC. 21
THEORY
OF
RELATIVITY
Lorentzsche
Theorie
und
Relativitätsprinzip
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sie
als
Träger
elektrischer Massen aufzufassen
ist,
deren
Bewegungen
die
elektro-
magnetischen
Vorgänge
im Äther
erzeugen
und
beeinflussen
(vgl.
Artikel
15).
Daß
der
Lorentzschen
Theorie
(Theorie
des ruhenden
Lichtäthers)
ein
bedeutender Wahrheitsgehalt
zukommen
müsse,
darüber
bestand
bei
den
Phy-
sikern
kein Zweifel. Aber
eine
Seite
hatte
diese
Theorie,
die nicht verfehlen
konnte,
die Physiker
mißtrauisch
zu
machen.
Dies soll im
folgenden
dar-
gelegt
werden.
Es ist
eine alte
Erfahrung, die
bisher ausnahmslos sich
bewahrheitet
hat,
daß die
physikalischen
Erscheinungen
nur
von
den
Bewegungen
der
Körper
relativ
zueinander
abhängen,
daß
es vom
physikalischen Standpunkte
aus
keine
absolute
Bewegung
gibt.
Wir wollen diesen
Charakter der
physikali-
schen Erfahrung
noch
etwas
schärfer
präzisieren.
Wo in der
Physik
räumliche
Angaben
eine Rolle
spielen,
bedeuten
diese
stets
eine
Angabe
über
die
relative
Lage
irgendeines Gegenstandes
oder Merkmales relativ
zu
einem festen
Körper.
Wir beschreiben die
Lage
eines
Dinges
relativ
zu
einer
Glasröhre,
einem
Holz-
gestell,
der
Wandung
eines
Zimmers,
der
Erdoberfläche
usw.
In der Theorie ist
das Koordinatensystem
der
Repräsentant
jenes
festen
Körpers.
Es ist dies
ein
gedachtes starres
Gerüst,
welches
stets
durch einen wirklichen festen
Körper
zu
ersetzen
ist,
wenn es
gilt,
die
Richtigkeit
eines theoretischen Resultates
zu
prüfen,
in
welchem räumliche
Angaben
vorkommen. Das
Koordinatensystem
des
Physikers
bedeutet also einen wirklichen starren
Körper,
auf
welchen die
zu
studierenden
Erscheinungen
zu
beziehen sind.
Wir nehmen
nun irgendein
einfaches
Naturgesetz
vor,
in dem räumliche
Angaben vorkommen,
z.
B.
das
bekannte
Trägheitsgesetz
Galileis:
Ein materi-
eller Punkt, auf
den äußere Kräfte
nicht
wirken, bewegt
sich
gleichförmig
in
gerader
Linie. Es ist
klar,
daß dies Gesetz nicht
gelten
kann,
wenn man
die
Bewegung
auf ein
beliebig bewegtes
(z.
B.
in
beliebiger Drehbewegung
be-
griffenes)
Koordinatensystem
bezieht. Wir
müssen
das Galileische Grund-
gesetz
daher
so
aussprechen:
Es ist
möglich,
ein
Koordinatensystem
K
von
solchem
Bewegungszustande zu
wählen,
daß sich relativ
zu
ihm
jeder
kräftefrei
bewegte
materielle Punkt
geradlinig
und
gleichförmig
bewegt.
Natürlich
gilt
der
Satz dann auch für alle
anderen,
relativ
zu
K ruhenden
Koordinatensysteme.
Gälte das Galileische
Grundgesetz
für kein
Koordinatensystem,
das sich
relativ
zu
K in
Bewegung
befindet,
so
wäre
der
Bewegungszustand
von
K
gegen-
über allen anderen
Bewegungszuständen ausgezeichnet.
Wir könnten diesen
Be-
wegungszustand zweckmäßig
als den der absoluten Ruhe bezeichnen.
Eine
ein-
fache
Überlegung
lehrt
aber,
daß
jeder
kräftefrei
bewegte
materielle
Punkt
nicht
nur
in
bezug
auf K das
Galileische
Grundgesetz
erfüllt,
sondern
relativ
zu
jedem Koordinatensystem K',
das
sich
relativ
zu
K
in
gleichförmiger
Trans-
lationsbewegung
befindet.
Die
Gesetze der Mechanik
gelten gegenüber
solchen
Systemen
K'
genau
ebenso
wie
relativ
zu
K. Es
gibt
eine
Gesamtheit
relativ
zueinander
gleichförmig bewegter
Koordinatensysteme,
welche für
die
Formu-
lierung
der Gesetze der
Mechanik
genau gleichberechtigt
sind. Diese Gleich-
berechtigung
der
relativ
zueinander
gleichförmig
bewegten Systeme
K und
K'
K.
d.
G. III.III, Bd
I Physik 45
Relativitats-
prinzip.
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