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DOC.
36 REVIEW OF LORENTZ
Heft
32.
11.
8. 1916
Besprechungen.
481
rer
zu
erfüllen ist als die statistische
Mechanik. Jeder
Kundige
wird mir darin
beistimmen,
daß sich Gibbs
[2]
in seinem bahnbrechenden Buche über den
Gegenstand
schwer
gegen
dies Gebot
versündigte;
viele haben
es
gelesen,
verifiziert
und nicht verstanden. Diesem
Übel
hat Lorentz in seinen ersten drei
Vorlesungen
ge-
steuert,
indem
er
die
Grundlagen
der Theorie in
ver-
blüffend einfacher
mathematischer Form
so
darstellt,
daß die leitenden Gedanken scharf hervortreten.
Dabei stellt
er
Boltzmanns
Prinzip
in den Vorder-
grund
und setzt sich auch
gründlich
mit der
Frage
auseinander,
wie die
Wahrscheinlichkeit W in Boltz-
manns
Gleichung
S
= x
lg
W
zu
definieren sei. Er
bedient
sich dabei der Definition
W
=
Phasenintegral
und
zeigt,
daß die
andere, vom
Referenten
vorgeschla-
gene
Definition
W
=
zeitliche
Häufigkeit
mit dieser
Definition im wesentlichen übereinstimme. Bei dieser
Gelegenheit
setzt der
Autor
die Gründe auseinander,
die ihn davon abhielten,
von
der
zweiten,
anschau-
licheren Definition
auszugehen,
worauf ich den Leser
besonders aufmerksam machen möchte.
Die letzten beiden
Vorträge
befassen sich
haupt-
sächlich mit der Theorie der
Brownschen
Bewegung
und der
Schwankungen.
Im letzten Vortrag sind die
Anwendungen
der letzteren Theorie auf die Plancksche
Strahlungsformel
meisterhaft
dargelegt;
dabei
ergeben
sich bekanntlich statistische
Eigenschaften
der Strah-
lung,
welche sich undulationstheoretisch nicht dar-
stellen lassen. Daß diese
Relationen H.
A.
Lorentz'
Interesse erweckt haben,
erfüllt den Referenten mit
[3] besonderer Freude. Aus dem lichtvollen Büchlein kann
jeder
Physiker lernen.
A. Einstein, Berlin-Charlottenburg.
Einstein,
A.,
Die Grundlage
der
allgemeinen
Relativi-
tätstheorie.
Leipzig,
Johann Ambr.
Barth, 1916.
64
S.
Preis
M. 2,40.
In
dem
Bändchen hat der Verfasser
seine Unter-
suchungen
über
allgemeine
Relativitätstheorie
zusam-
menfassend
dargestellt.
Die ersten
14
Seiten erläutern
den Grundgedanken
der Theorie. Hierauf
folgt
eine
gedrängte,
aber
doch vollständige Darlegung
der
in-
variantentheoretischen
Methoden,
soweit
sie für das
Verständnis der Theorie
notwendig
sind. In den drei
letzten Abschnitten wird
die
Theorie selbst entwickelt
sowie deren Verhältnis
zur
Newtonschen
Mechanik
und
Gravitationstheorie. Der leitende
Gesichtspunkt
für die
Darstellung war,
daß letztere einen
möglichst
deutlichen Einblick in die Methoden
gewähren
sollte,
nach
denen
die Theorie tatsächlich
aufgefunden
wurde,
natürlich unter
Weglassung
der Irr- und
Umwege.
Eine ausführlichere
Darstellung
des
Grundgedankens,
losgelöst von
deren mathematischer
Formulierung,
findet
man
in einem jüngst als Broschüre
im Sprin-
gerschen Verlage
erschienenen Aufsatz
des
Astronomen
E. Freundlich "Die
Grundlagen
der Einsteinschen Gra-
vitationstheorie".
Selbstanzeige.
Müller,
O.,
Einiges
über
Beobachtungsfehler
beim Ab-
schätzen der
Teilungen
geodätischer
Instrumente.
Fortschritte der
Psychologie
und ihrer
Anwendungen
Band
IV,
Heft
1.
Leipzig-Berlin,
B. G. Teubner,
1916. 33 S.
und
5
Figuren.
Preis
M.
3,-.
Der Verfasser weist darauf
hin,
daß sich die
Geo-
däten wiederholt mit den
sogenannten Schätzungs-
fehlern
beschäftigt
und
zu
diesen
Untersuchungen
auch
physiologische
und
psychologische Forschungen
berück-
sichtigt
haben,
während die
Psychologen
diese Arbeiten
der. Geodäten
nicht
herangezogen
haben. Die
vor-
liegende
Arbeit soll über den Stand
dieser Frage be-
richten
und
gleichzeitig
den Wert eines früheren
Be-
richtes
von
M. Bauch
über
das
gleiche
Thema
be-
leuchten.
Unter
Schätzungsfehlern
versteht
man jene
Fehler,
die auftreten,
wenn man
die
Stellung
eines
Zeigers
zwischen zwei Strichen
(in
einem
Teilungsfeld)
nach
Augenmaß
in
Bruchteilen der Strichentfernung
(Zehn-
tel oder
Zwanzigstel
des
Teilungsfeldes) angibt.
Diese
Fehler sind also der
Abweichung
analog,
die sich
er-
geben
kann,
wenn
zwei Beobachter ein
in ganze
Grade
geteiltes
Thermometer kurz nacheinander in Zehntel-
graden
ablesen. Aus der Zuhilfenahme des
Augen-
maßes
geht
deutlich
hervor,
daß bei
dem
Schätzungs-
vorgang
die
physiologische
Optik
und
gewisse
Denk-
prozesse
die
größte
Rolle
spielen müssen.
Bereits
1834
hat
Stampfer Schätzungsversuche ver-
öffentlicht;
wenige
Jahre später auch
Hagen
in seinen
Grundzügen
der
Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Dau-
ernde Aufmerksamkeit und
Sorgfalt
hat der
An-
gelegenheit
weiterhin Chr.
Aug.
Vogler
geschenkt,
ferner
Wagner,
Reinhertz und Kummer. Müller
er-
örtert ausführlich den
jetzigen
Stand der
Frage
und
teilt
vor
allem eine
eigene
Versuchsreihe
mit,
welche
wertvolle Schlüsse zuließ.
Acht
verschiedene,
willkürlich
gewählte
Beobachter
mußten
systematische Schätzungsversuche
an
Maß-
stäben mit verschieden
langen Teilungsfeldern (0,5
bis
100
mm)
und verschieden starken Strichen
(0,11
bis
0,3 mm)
vornehmen. Die
1024 Einzelfehler,
denen in
jeder Beziehung
das
Merkmal
zufälliger
Fehler
an-
haftete,
zeigten,
daß für die benutzten Felder der
ab-
solute
Gesamtschätzungsfehler
im Durchschnitt
nahezu
proportional
der
Feldgröße
wächst,
daß
jedoch,
wie
zu
erwarten,
Augenbeschaffenheit
und
sonstiges
Wesen des
Beobachters diese
Gesetzmäßigkeit
beeinflussen. Die
Versuche
bestätigten
auch die alte
Erfahrung,
daß die
Schätzungen
in Feldern
unter
1
mm
Größe
an
Schärfe
verlieren. F.
Göpel, Berlin-Charlottenburg.
Barkhausen, Hilde,
Auszüge
aus
James
Clerk
Max-
wells
Elektrizität
und
Magnetismus.
Heraus-
gegeben von
Fritz Emde.
Braunschweig,
Fr. Vie-
weg &
Sohn, 1915. XXXII, 182 S. und
9
Abbild.
Preis
geh.
M.
7,-,
geb.
M.
8,-.
Der
Herausgeber
meint, daß das Maxwellsche Buch
den Studenten und vielen Fachleuten
gewöhnlich nur
dem
Namen nach bekannt sei. Wie
es
sich mit
dem
Originalwerk
verhält,
weiß ich nicht. Als Verfasser der
deutschen
Bearbeitung
darf ich aber
hervorheben,
daß
diese
in
ziemlich bedeutender
Auflage
erschienen
und
vergriffen
ist. Eine
neue Ausgabe
ist
nur
deshalb
nicht zustande
gekommen,
weil der Bedarf
gedeckt
sein sollte.
Trifft dieses doch
nicht
zu, so
wäre
eine
solche
vollständige Ausgabe
höchst erwünscht und
ver-
dienstlich. Persönlich bin ich ein
Gegner
aller
Breviarien
aus
genialen Geisteswerken;
Breviarien
aus
Schiller,
Goethe,
Heine usf. haben mich immer
als ein schlechtes
Zeugnis
für das deutsche Volk
an-
gemutet.
Wer entscheidet denn über das
eigentlich
Wertvolle?
Und wie wandelt
sich
doch
die
Beurteilung!
Auch die Wissenschaft ist
zum
Teil
Modesache,
und
viele
Theorien,
die früher
von
großem
Glanze
um-
geben waren,
sind beiseite
geworfen;
wie
ich über-
zeugt bin,
daß nicht
Weniges
von
dem, wogegen
man
jetzt kein Wort
sagen darf,
später in die Ecke
fliegen
wird.
Am besten ist
es
also
wohl,
diejenigen,
welche eine
der ersten
Leistungen
des menschlichen Geistes
kennen
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