P O P U L A R P R I N C E T O N L E C T U R E S 5 9 1
First Lecture
[9 May 1921]
Meine Damen und Herren!
Ich will meine Vorlesungen ueber Relativitaet so einrichten, dass ich heute zunaechst all-
gemeine Gedanken darlege, entweder ganz ohne oder mit einem Minimum von formellen
mathematischen Hilfsmitteln und in den spaeteren Vorlesungen will ich die Sache etwas ex-
pliziter darlegen, welches der Grundgedanke der Relativitaets-Theorie ist. Der Name Rela-
tivitaets-Theorie kommt daher, dass diese ganze Theorie sich mit der Frage beschaeftigt,
inwiefern die Bewegung lediglich Relativitaetsbewegung sei. Damit verhaelt es sich naem-
lich so. Wenn wir allgemein von der Bewegung eines Koerpers reden, so meinen wir nach
dem Begriff der Bewegung immer eine Relativitaetsbewegung. Wenn wir z. B. von der Be-
wegung eines Wagens auf der Strasse reden, so wird die Bewegung bezogen auf das Stueck
Erde oder Flaeche, welches wir Strasse nennen, und dieses Stueck Erdoberflaeche spielt die
Rolle eines Koerpers, auf dem diese Bewegung wachsen wird. Also, die Bewegung ist ih-
rem Begriff nach eine relative Bewegung und man koennte dem Begriff der Bewegung nach
ebensogut sagen, die Strasse bewegt sich relativ zu dem Wagen als wir sagen koennen, der
Wagen bewegt sich relativ zu der Strasse. Dieses sind ganz selbstverstaendliche Bedingun-
gen und haben eigentlich nichts zu tun mit der Relativitaets-Theorie. Also die Tatsache ist,
dass wir Bewegung nur als Relativitaetsbewegung auffassen koennen
was die blosse geometrische Beschleunigung anbelangt, so ist es gleichgueltig, von wel-
chem Koerper aus
Das ist selbstverstaendlich und bedarf keiner naeheren Ausfuehrung. Es tritt aber die Frage
auf, ob die Bewegung auch vom physikalischen Standpunkte aus eine rein relative ist. Nun,
was bedeutet das? Diese Frage hat z. B. folgende Bedeutung. Man kann fragen, ob es in der
Welt einen bevorzugten Bewegungszustand gibt, die in bezug auf die [ ] eine derart
fundamentale Rolle spielt, dass man sagen kann, dieser Bewegungszustand ist gleichbedeu-
tend mit absoluter Ruhe. Man kann die Frage aufstellen, ob es, wenn es nicht einen bevor-
zugten Bewegungszustand in der Welt gibt, es eine Gruppe von bevorzugten Bewegungs-
zustaenden gibt. Das ist eine Art Auffassung wie in der klassischen Mechanik von Galilei
und Newton begruendet. Die Relativitaets Theorie befasst sich also mit der Frage, ob die
physikalischen Vorgaenge ihrer Gesetzmaessigkeit nach so beschaffen sind, dass es, mit
Bezug auf diese Naturvorgaenge bevorzugte Bewegungsziele gibt oder nicht. Nun, die
Theorie der Relativitaet besteht aus zwei deutlich von einander gesonderten Teilen, der er-
ste Teil heisst “spezielle” Relativitaets-Theorie und der zweite “allgemeine” Relativitaets-
Theorie. Die spezielle Relativitaets-Theorie behauptet, gleich wie die klassische Mechanik,
dass es zwar nicht einen bevorzugten Bewegungszustand gibt aber eine unendliche Man-
nigfaltigkeit von bevorzugten Bewegungszustaenden. Die allgemeine Relativitaets-Theorie
geht ueber diesen Standpunkt weit hinaus und sie behauptet, dass die hier zu Grunde lie-
genden Gesetze so seien, dass es bevorzugte Bewegungszustaende in der Welt ueberhaupt
nicht gibt. Nun, diese allgemeinen Worte sagen natuerlich noch sehr wenig und ich will
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