DOCUMENT 364 JULY
1917
489
bloss mit einer Abstraktion
aus
den wirklichen
Vorgängen befassen,
die sich allein
verallgemeinern
lässt
(in
der
Form der
Differentialgleichung)
und
"zufällige“
An-
fangsbedingungen zu
ihrer
Integrierung
erfordert. Ob dies
je
anders
werden
könnte
oder
ob dies in
der Natur der
Welt
begründet
ist,
ob
es
wirklich in
diesem
Sinne
Zufälliges gesetzlich
nicht
Fassbares im Weltall
gibt?
Oder ob
es
vielleicht
einmal
möglich
sein
wird,
auch
über
die
Verteilung
der wirklich existierenden Formen in
der
vierdimensionalen Welt Gesetze
zu
finden,
falls das Weltall unendlich
ist,
etwa
periodischer
Natur in Raum
und
Zeit?
In meiner
kosmologischen Abhandlung,
die
ich
Ihnen
schicke,[6]
ist
die
einzige
Handhabe
bloss die Wahrscheinlichkeitsbe-
trachtung,
aber
es
ist
prinzipiell
nicht
denkbar,
obwohl durchaus
nicht
wahrschein-
lich,
dass
man
nicht einmal auch
zu
einer
integrierten
Weltformel ohne willkürliche
Konstanten
gelangen
könnte,
die das
ganze
Weltall beschreibt
und
uns
Gesetzmäs-
sigkeiten
in seiner vierdimensionalen Struktur erkennen lässt. Da dies
gegenwärtig
nicht
der Fall
ist,
so mag man
meine
Ueberlegungen
über
das
Koordinatensystem
zur
Erkenntnistheorie
oder
zur Kosmographie
und
Astronomie rechnen.
Dennoch
scheint
mir
mein und Adlers Gedanke nicht vollkommen
irrelevant,
weil
er
doch
darauf
besonders
hinweist,
dass die
spezielle
oder
allgemeine
Kovarianz
der
Natur-
gesetze
nicht
ausschliesst,
dass
sogar
in
Bezug
auf
die
gleichförmige Bewegung
ein
bestimmtes
System
für die
Beschreibung
der
uns
bekannten
Welt
des Fixstern-
systems
das vorzuziehende ist. Will
man
dieses einfachste
System,
das
"wahre“
nennen,
so
kann
man
auch
vom Standpunkt
der
physikalischen
Relativitätstheorie
keine
Einwendungen
machen,
sondern bloss
von
einem erkenntnistheoretischen
und
kosmologischen Standpunkt. Allerdings
bliebe
nur
dann die
Möglichkeit,
ein
System
als das
endgültig
"wahre“
zu
bezeichnen,
wenn
das materielle
Weltall
end-
lich
ist,
denn
sonst
sind wir doch
gezwungen, wenn
wir immer
umfassendere
Wel-
ten betrachten,
zu
anderen
bevorzugten
Koordinaten
überzugehen.
Da ich selbst
nicht
an
die
Begrenztheit
der
Welt
glaube,
so
führen
mich meine Gedanken in
gar
keinem
Sinne in einen
Gegensatz
mit dem erkenntnistheoretischen
Relativitäts-
prinzip.
Dass ich ferner selbst
auf
einem rein
phänomenalistischen
Standpunkt
ste-
he und
daher
nicht
glaube,
dass ein
Koordinatensystem
in einem
metaphysischen
Sinn
das
wahre
ist,
ersehen
Sie
wohl
aus
allem
Obigen.
Aber das erkenntnistheo-
retische
Relativitätsprinzip
folgt
nicht
notwendig aus
der
Richtigkeit
aller
Ihrer
physikalischen
Theorien.
Die
physikalische
Relativitätstheorie hat
es
ja im We-
sentlichen
eigentlich
bloss damit
zu
tun,
1.) aus gewissen allgemeinen
Vorausset-
zungen
über die
Darstellung
der
Erscheinungen von
verschiedenen
Standpunkten
(Systemen)
aus,
neue
und überraschende
naturgesetzliche
Tatsachen theoretisch
abzuleiten, 2.)
uns
die Mittel in die Hand
zu
geben, wenn
wir die
Erscheinungen
für
einen Beobachter kennen, sofort die
Erscheinungen
für einen in
Bezug
auf
ihn
bewegten
Beobachter
zu
berechnen.-
Solange man
zwischen den
Standpunkten
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