D O C U M E N T 3 2 M A Y 1 9 1 9 4 9
32. From Paul Epstein
Zürich, Scheuchzerstr. 19, den 2. Mai 1919
Hochgeehrter Herr Professor!
Zu meinem Bedauern musste meine Abreise nach Zürich durch Passschwierig-
keiten eine gewisse Verzögerung erleiden, welche es mir unmöglich machte von Ih-
rem Vortragszyklus zu
profitieren.[1]
Ich muss deshalb auf schriftlichem Wege
Ihnen noch einmal meinen Dank für die Schritte aussprechen, welche Sie seinerzeit
zu meinen Gunsten unternommen hatten. Schliesslich bin ich ja doch noch nach
München gelangt; Ende gut, alles
gut![2]
Fräulein Edith Einstein ist kürzlich mit der Frage an mich herangetreten, ob ich
ihr bei der Anfertigung einer Doktordissertation, deren Thema Sie von Ihnen erhal-
ten hat, behilflich sein
würde.[3]
Natürlich erklärte ich, dass es mir ein besonderes
Vergnügen sein werde. Ganz en passant hatte ich mich schon mit der Frage des Ra-
diometers beschäftigt, ohne zu vollständiger Klarheit zu kommen, deshalb freut es
mich ganz besonders die mir fehlenden Gesichtspunkte von Ihnen zu erhalten. Wie
mir Fräulein Edith sagte, hat Sie Ihnen über eine kleine Überschlagsrechnung, die
ich Ihr als Ausgangspunkt mitteilte,
geschrieben.[4]
Es handelt sich um den Trans-
port der Bewegungsgrösse im ersten Moment nach nach Erwärmung der Wand, so-
lange man die Dichteverteilung als konstant ansehen kann. Wenn ich nicht irre,
kann man dann direkt die bei Boltzmann allgemein abgeleitete Formel für den
Transport einer Grösse anwenden und erhält eine vom Druck unabhängige radio-
metrische Kraft. Es ist möglich, dass diese rohe Theorie bereits von einem
Teil der Crookesschen Versuche Rechenschaft gibt, in
welchem die Anordnung der nebenstehenden Skizze
entsprach: es bedeutet L die Lichtquelle A eine Glim-
merscheibe, B den geschwärzten Radiometerflügel
dessen Ausschlag mit einer Drehwage gemessen wur-
de. Und zwar der ballistische erste Ausschlag nach Ent-
fernung des Schirmes S. Die Unabhängigkeit vom
Druck bestätigt sich zwischen 760 mm und 40 mm,
aber nicht bei tieferen
Drucken.[4]
Nun ist natürlich die Hauptfrage, wie die Verhältnisse im stationären Zustande
liegen. Ich dachte mir, dass das einseitige Überwiegen der Geschwindigkeiten
durch eine geeignete Druckverteilung kompensiert werden könnte. Vielleicht ist
aber auch die Annahme einer Zirkulation nicht zu umgehen. Wie gesagt, bin ich
darüber zu keiner Klarheit gekommen. Neuerdings habe ich die Arbeit von Max-
well über diese Frage kennen gelernt, der das letztere anzunehmen
scheint.[6]
In-
dessen waren Maxwell die Erscheinungen des Temperatursprunges etc. noch nicht
L
A B
T1
T2
S
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