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lächelt am Morgen darüber. Man sieht, dass die ganze Monomanie aus der Schul-
lehrer-Mathematik kommt Euklid–Cartesius ist sein Gegensatz, den er nun in alles
hineinverarbeitet, aber—wie man gern zugibt—mit
Geist.[23]
Solche Dinge sind
amüsant und, wenn morgen einer mit dem nötigen Geist das Gegenteil sagt, so ist
es wieder amüsant, und was wahr ist weiss der Teufel!
Das mit der Kausalität plagt auch mich
viel.[24]
Ist die quantenhafte Licht-Ab-
sorption und Emission wohl jemals im Sinne der vollständigen Kausalitätsforde-
rung erfassbar oder bleibt ein statistischer Rest? Ich muss gestehen, dass mir da der
Mut einer Überzeugung fehlt. Ich verzichte aber sehr, sehr ungern auf die vollstän-
dige Kausalität. Sterns Auffassung verstehe ich nicht, weil ich den klaren Sinn des
Satzes, die Natur sei „verständlich,“ nicht finden
kann.[25]
Die Frage, ob strenge
Kausalität oder nicht, hat einen klaren Sinn, wenn auch wohl zu keiner Zeit eine
sichere Beantwortung. Sommerfelds Buch ist hübsch, wenn ich auch offen sagen
muss, dass diese Persönlichkeit für mich aus Gott weiss was für einem unterbewus-
sten Grunde etwas nicht ganz Reines in ihrem Klang
hat.[26]
Ich freue mich sehr,
dass Deine Briefe auf dem Ministerium genützt
haben.[27]
Das ehrt die Leute; denn
Du hast Dir wahrlich kein Blatt vors Maul genommen. Es ist doch vieles besser ge-
worden. Stell Dir einmal vor, Du hättest früher in solcher Weise geschrieben! Es
soll nun auch der diktatorischen Allgewalt von Euch Ordinarii ein grausiges Ende
gemacht werden, so hörte ich munkeln; wart
nur![28]
Für Sie, Frau Born, hab ich eine kuriose Idee. Sobald Ihre Kinder wieder auf
dem Damm sind, fangen Sie an, im Laboratorium experimentieren zu lernen. Das
ist eine so wunderschöne Arbeit, wenn man Zeit hat, sich ihr hinzugeben. Ich mei-
ne es ganz ernst. Wenn auch ein Jahr oder mehr auf Lehrzeit gerechnet werden
muss, würde sichs glänzend lohnen. Und wenn Sie einmal drin sind, ist es ein
prächtiges Zusammenarbeiten. Sie brauchen was, das Ihren Geist beansprucht.
Was meinen Sie dazu?
Seid alle herzlich gegrüsst von Euerm
Einstein.
ALS (GyB, Nachl. Born, Nr. 188, Bl. 10–11). Einstein/Born 1969, pp. 42–45. [8 144].
[1]Walter Dehlinger (1889–?) had obtained his doctorate with a thesis on the specific heat of
diatomic crystals in Munich in 1916 (see Dehlinger 1915). Dehlinger had derived an expression for
the dispersion of light for simple diatomic lattices in the ultraviolet regime, based on Born’s lattice
theory of crystals (see Dehlinger 1914 and Einstein/Born 1969, p. 45). Born had presumably inter-
ceded with Arnold Berliner, whose good connections to the Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft as
well as to his publisher, the Springer publishing house, might lead to a position for Dehlinger (Ein-
stein/Born 1969, p. 45). Erwin Freundlich, whose financial situation was precarious, most likely tried
the same route in Doc. 105.
[2]A reference to the success of the appeal for an Albert Einstein Donation Fund (Albert-Einstein-
Spende); see Doc. 261.
[3]Erwin Freundlich.
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