D O C U M E N T 5 5 F E B R U A R Y 1 9 2 1 9 1
1. Es besteht die Gefahr (noch nicht volle Sicherheit), dass mein Chef Professor
Roschdestwensky der demnächst in Reval ankommt, keine Einreise-Erlaubniss für
Holland erhält. Vermuthlich aus irgend einem unbekannten
Missverständnisses.[2]
2. Da einer der Hauptaufgaben der Reise von Prof. Roschdestwensky ist a) mit
einigen Physikern in Deutschland zu sprechen (besonders mit
Paschen)[3]
b) Instru-
mente speziell auch in Deutschland zu kaufen, so wäre es sehr wichtig, dass er Auf-
enthalts-Erlaubniss in Deutschland
erhält.[4]
3. Da er als Direktor des optischen Institutes nur kurze Zeit aus Petrograd weg-
bleiben kann wenn nicht dass Institut in seiner Organisation sehr gestört soll, so ist
es von grosser Wichtigkeit, dass er keine Zeit mit Warten auf Visa verlieren muss.
Nur sehr ungerne habe ich mich entschlossen, Sie zu bemühen. Sie sind aber der
Einzige, an den ich mich um Hülfe in dieser Sache wenden kann.
Herr Ehrenfest
weiss,[5]
dass ich Sie dieses bitte.
Hochachtungsvoll,
W. Tschulanowsky
ALS. [9 549].
[1]Chulanovsky (1889–1969) was member of the State Optical Institute in St. Petersburg.
[2]The transit visa was approved, but mailed to an incorrect address (see 18 and 21 March 1921 in
Calendar).
[3]Friedrich Paschen (1865–1947) was president of the Physikalisch-Technische Reichsanstalt and
an honorary professor at the University of Berlin.
[4]Ehrenfest had asked for a transit visa for Dmitry S. Rozhdestvensky (Doc. 21), rather than a res-
idency visa, a request which Einstein forwarded to the Foreign Office (Doc. 27).
[5]Paul Ehrenfest.
55. From Paul Ehrenfest
[Leiden,] 21 II 1921
Lieber Einstein!
Deine Fahrt nach Amsterdam hat mich sehr, sehr
deprimiert.[1]
Hoffentlich zu
Unrecht.— Ich habe natürlich kein Recht, Dir etwas zu sagen. Und Du weißt wie
unbegrenzten Respect ich vor Dir habe. Auch vergesse ich keinen Augenblick, dass
alle unsere Handlungen aus einer Distanz von 25, 50, 100 Jahren gesehen ganz
anders aussehen als im Augenblick. Aber Deinen zeitgenössischen Freunden
machst Du das Leben sauer— Ich weiß nicht ob Du Dir stets deutlich vor Augen
hältst, dass—was Holland betrifft—Lorentz und Onnes—ich zähle ja leider
kaum—sich mit ihren im Lande bekannten Nam[en] für Dich Bürge gestellt
haben.[2]
Also Du findest wohl gut, dass ich nicht weitläufiger schreibe, weil ich ja
auch gar nicht exact weiß, was für einen speziellen Bocksprung Du diesesmal