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durch Ausschliessung obendrein noch bestraft werden
sollen.[2]
Ich schliesse dar-
aus, dass sie gewiss irgend eine Überraschung für den Empfang bereit haben wür-
den, wenn ich käme. All dies begreife und respektiere ich, denn nichts ist hübscher
als sich im stillen Kämmerlein in die Tiefen fremder Seelen zu versenken. Aber von
der Nähe will ich es nicht durchmachen, zumal ich schon genug ähnliche Sachen
bei ähnlichen Gelegenheiten erlebt
habe.[3]
Wenn es sich um ein Unternehmen von
irgend welcher objektiven Bedeutung handeln würde, würde ich sicher bei der
Stange bleiben und durchführen, was meine Pflicht ist. Aber davon kann keine
Rede sein; denn etwas Neues und Fertiges habe ich nicht vorzubringen sondern nur
Dinge, die jeder Eingeweihte schon weiss. So etwas thut man, wenn man es freien
und freudigen Sinnes thun kann, was aber bei mir im vorliegenden Falle nicht zu-
trifft. Ich würde also diese Absage mit einem Gefühl ungeteilten Behagens absen-
den, wenn sie nicht persönlich an Sie gerichtet werden müsste; aber auch so bleibt
mir nichts anderes übrig.—
Ich bin sehr neugierig auf den Ausgang unseres
Kanalstrahlen-Experiment[s].[4]
Meine Erwartung ist total unsicher. Dass neben dem gerichteten energetischen Pro-
zess eine Art Kugelwelle abgeht, das bin ich überzeugt wegen der Interferenz-Fä-
higkeit für grosse Öffnungswinkel. Aber da die Emissionszeit klein ist gegen die
Kohärenzzeit für Interferenz mit
Gangunterschieden,[5]
bin ich nicht überzeugt,
dass dasjenige, was ausgesendet wird, unmittelbar oszillatorischen Charakter hat.
Der Mechanismus könnte indirekter und ein total anderer sein, als wir vorauszuset-
zen gewohnt sind, zumal eben der Widerstreit zwischen Quanten- und Undulati-
onstheorie mit unverminderter Heftigkeit fortbesteht. Jedenfalls kann auf Grund
des bisher Bekannten der Ausgang des Experimentes nicht vorausgesagt werden.
Auch die Existenz des Dopplereffektes, wie sie Stark nachgewiesen hat, erlaubt
keine Voraussicht, was ich aber in diesem kurzen Brief nicht begründen
kann.[6]
Es grüsst Sie herzlich Ihr
A. Einstein.
ALS (GyMDM, Archiv HS 1977-28/A, 78[20]). Einstein and Sommerfeld 1968, pp. 92–93; Sommer-
feld 2004, pp. 105–106. [21 401].
[1]Einstein canceled a lecture in Munich in Doc. 247.
[2]For the Munich students’ attitude toward Einstein’s lecture, see Doc. 247, notes 3 and 4.
[3]For Einstein’s altercation with Berlin students, see “Uproar in the Lecture Hall” (Vol. 7, Doc. 33);
on the anti-relativity rally in the Berlin Philharmonic Hall, see Doc. 28, note 6, and on recent events in
Dresden, see Doc. 24.
[4]Einstein, together with Hans Geiger, was probing the quantum nature of light (see Doc. 247 and
Einstein 1922a [Vol. 7, Doc. 68]).
[5]In a lecture at the University of Amsterdam on 29 April 1922, Einstein stated that classical mod-
els of light emission, using electrons undergoing a damped oscillation and giving a time of emission
of the order of sec., explained well the interference phenomena at large path differences. He next
introduced two timescales for light emission in quantum theory: a time of emission U during which
the electron decays from an excited to a nonexcited state, and a time Z during which the atom is in the
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