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Rechtswidrigkeit klar und als Präcedenzfall gefährlich. Wir wollten nun einige
weltbekannte Namen, u. a. in erster Linie auch von nichtdeutschen Gelehrter sam-
meln, für eine Engabe an die belgische Regierung: Ich bin überzeugt, dass der
Schritt erfolgreich wäre, weil die Zivilbehörde nicht für die Beschlagnahme war
und diese nur aus miltärischer Willkür erfolgte.
Dürften wir hoffen, dass Sie mitunterschreiben?
Mit herzlichen Grüssen in aller Verehrung Ihr
Karman
ALS. [44 094]. Written on letterhead “Technische Hochschule Aachen Lehrstuhl für Mechanik und
Aerodynamik Prof. v. Kármán.”
[1]Kármán (1881–1963) was Professor of Aerodynamics and Mechanics at the Technical Univer-
sity of Aachen.
[2]Willy Renner (1855–1922) was owner of a spinning mill.
[3]Richard Courant.
[4]Aachen was part of the territory occupied by Belgium on 1 December 1918.
322. From Stefan Zweig[1]
Salzburg, am 12. Dezember 1921
Sehr verehrter Herr Professor!
Gestatten Sie mir, dass ich mich an Sie, obzwar ich schmerzlicherweise nicht
das Vergnügen habe Ihnen persönlich begegnet zu sein, direkt auf dem geradesten
Wege wende.
Ein französischer Freund von mir, der Schriftsteller Francoir
Crucy,[2]
der Ana-
tole France auf seiner Reise nach Stockholm
begleitete,[3]
schreibt mir soeben drin-
gend, dass Anatole France sehr den Wunsch hätte, Ihnen sehr verehrter Herr
Professor[4]
in Berlin zu begegnen und womöglich im engsten Kreise mit Ihnen zu
speisen. Crucy bittet mich nun einen Weg zu suchen, Ihnen diesen Wunsch Anatole
Frances zu übermitteln. Ich nun glaube der direkte Weg ist der beste und schreibe
Ihnen direkt weil ich ja gerade in diesem Augenblick die Begegnung repräsentati-
ver Männer die im übernationalen Sinn tätig sein wollen für das einzig wesentliche
und wirksame halte. Anatole France wird Freitag Abends im Hotel
Adlon[5]
eintref-
fen, vielleicht sind Sie so gütig ihm direkt ein Wort zu übermitteln (falls Ihnen wie
ich hoffe sein Wunsch erfreulich ist), wann und wo Sie in Berlin ihn begegnen
könnten.
Ich hoffe sehr, sehr verehrter Herr Professor, Sie betrachten diese direkte Ueber-
mittlung nicht meinerseits als Anmassung, sondern empfinden Sie in dem geistigen
Sinn der Verehrung dem sie entspringt.
Ihr immer aufrichtig ergebener
Stefan Zweig
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