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Sie, Herr Professor, mit einer Bitte wenden. Sie schrieben mir über einen meiner
Briefe „Der Bericht, den Sie mir geschrieben, ist von solcher Klarheit, daß ich es
bedauern würde, wenn er nicht durch Veröffentlichung auch andern Freunden der
Erkenntnistheorie zugänglich gemacht würde.“ Ich möchte nun als Anhang zu mei-
nem Werk die für die klare Darlegung meiner Gedanken so förderliche Diskussion
mit Ihnen veröffentlichen, brauche aber Ihre Erlaubnis für die Veröffentlichung des
von Ihnen Herrührenden, die Sie mir wohl, wie ich lebhaft hoffe, gewähren wer-
den. Ich habe in der Zwischenzeit noch mit mehreren Philosophen verschiedener
Richtung korrespondiert und eine Veröffentlichung verschiedener dieser Diskussi-
on würde für die Klarlegung meiner Gedanken, wie ich glaube, recht förderlich
sein. Mehr als an allen anderen Korrespondenzen liegt mir aber an der mit Ihnen
und dieselbe würde wegen Ihrer so anregenden Einwände vielleicht den interessan-
testen Teil meines Buches und Ihre Briefe seinen schönsten Schmuck ausmachen.
Ich schicke Ihnen gleichzeitig mit diesem Briefe Abschriften jener Partieen aus
Ihren Briefen, die ich veröffentlichen möchte, und eine Abschrift des Briefes, zu
dessen Veröffentlichung Sie mich seinerzeit selbst ermuntert und den Sie mit Ihren
wertvollen Randbemerkungen versehen haben. Vielleicht sollten noch jene für
mich so ehrenvollen Sätze Ihrer Briefe wegfallen, in denen Sie mir Ihre Anerken-
nung aussprachen, denn es kommt mir ja bei der Veröffentlichung vor allem auf die
Beleuchtung meiner Gedanken durch Ihre Einwände an. Wenn Sie, Herr Professor,
der Ansicht sind, daß es besser wäre, daß jene Sätze wegfallen, so streichen Sie,
bitte, dieselben durch, sowie auch, falls Sie sonst irgend eine Ihrer Äußerungen in
den Briefen oder Randbemerkungen unterdrücken wollen. Im Übrigen hoffe ich
aber, daß ich meine Sendung, mit Ihrem „imprimatur“ versehen, zurückerhalten
werde.—
Zum Schluß möchte ich Ihnen, Herr Professor, noch mitteilen, daß ich in letzter
Zeit eine physikalisch-kosmologische Arbeit gemacht habe, die, wie ich hoffe, für
Sie nicht ganz ohne Interesse sein wird. Sie knüpft wieder an Gedanken an, die ich
auch in meinen Briefen im Jahre 1917
erwähnte[3]
und mit denen ich mich seitdem
eingehender beschäftigt habe. Wann und wo meine Arbeit erscheinen wird, weiß
ich allerdings vorläufig noch nicht, da es eine recht umfangreiche Abhandlung ist.
Indem ich Ihnen, Herr Professor, ein glückliches neues Jahr wünsche, bin ich Ihr
hochachtungsvollst ergebener
Dr. Franz Selety
Wien I, Zedlitzgasse 11
ALS. [20 475].
[1]Selety (1893–1933?), a philosopher and self-taught physicist, pursued private research.
[2]For letters available from their earlier correspondence, see 23 July and 29 October 1917 (Vol. 8,
Docs. 364 and 395).
[3]For a summary of his cosmological ideas expounded in Selety 1914, see his letter of 23 July 1917
to Einstein (Vol. 8, Doc. 364), p. 494.
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