V O L U M E 1 0 , D O C U M E N T 4 a 1 3
sommer militärischer Herrlichkeit nach kurzer Dauer einem umso grösseren Kat-
zenjammer Platz machen wird. Sie hätten gewiss nicht gedacht, was Sie alles hier
zu Erleben bekommen würden! Einstweilen hat der Generalstreik tüchtig
eingesetzt.[3]
Bei uns gibts nicht einmal Wasser, aber wir haben vor Thorschluss
noch einen Eimer voll auftreiben können.
In der Hoffnung, recht bald einmal wieder mit Ihnen einen Spaziergang machen
zu können, bin ich nochmals herzlich dankend Ihr
Albert Einstein
ALS (SzBL). [123 160].
[1]Huber (1880–1944) was Pauline Einstein’s nurse in Lucerne, whom she had accompanied to
Berlin during the final stages of her cancer (see Einstein to Heinrich Zangger, 3 January 1920 [Vol. 9,
Doc. 242]).
[2]Presumably a reference to the military Kapp Putsch that started a day earlier.
[3]A general strike, supported by the social democratic government, was directed against the Kapp
regime, which lasted only four days.
Vol. 10, 4a. To Frieda Huber
[Berlin, 2 May
1920][1]
Liebe Schwester Frida!
Ihr vergnügter Brief und Ihr verführerisches Päckchen haben allgemeine Freude
im Einsteinschen Hause hervorgerufen. Die Stumpen fanden wir erst am nächsten
Tag vor. Das Päckchen kam tadellos an, trotzdem es bei vielen hungrigen und
schleckigen Mäulern vorbei musste; vielleicht hat Ihre Beschwörungsformel Wun-
der gewirkt. Ich freue mich sehr, dass Sie zu der wohlverdienten Erholung
kommen.[2]
Was gibt es Schöneres als Genfersee im Frühling? Sogar Berlin nimmt
sich leidlich gut aus. Gestern am 1. Mai ging ein riesiger Zug an unserem Haus
vorbei;[3]
sonst ist es aber politisch ruhiger geworden, wenigstens äusserlich. Ich
warte nur noch auf das Passvisum; dann gehts nach
Leiden.[4]
Die Geigen für Eh-
renfests Kinder sind
fertig.[5]
Wann ich in die Schweiz fahren kann, ist noch unge-
wiss. Ich hoffe aber im Sommer, wenn auch nur für kurze Zeit. In Ihrem Brief hat
mich besonders gefreut, dass
Rötlisberger[6]
sich noch an mich erinnert hat. Er war
damals noch ein jugendfrischer Mann mit duftigem Klavierspiel, ich selbst ein
strahlender Junge, dem der Himmel noch ziemlich voll Bassgeigen hing.
Mit herzlichem Dank und den besten Wünschen für die nächste Zukunft bin ich
Ihr
A. Einstein.
…[7]
Herzliche Grüsse von den
Kindern.[8]
Sie wollten selbst schreiben aber der Brief
muss fort.
Previous Page Next Page