1 2 V O L . 3 , D O C . 1 0 a B O L T Z M A N N ’ S P R I N C I P L E Die Art, wie dies Problem gelöst werden kann, will ich nur andeuten. Wenn ein beliebiger Körper K mit einem solchen von relativ unendlich grosser Wärmekapa- zität in wärmeleitender Verbindung steht, so wird nach der Thermodynamik K die Temperatur jenes zweiten Körpers annehmen und dauernd behalten. Nach dem Boltzmannschen Prinzip wird aber die Temperatur von K unaufhörlich sich ändern, wobei sie sich allerdings selten beträchtlich von der Temperatur des thermischen Gleichgewichtes entfernt die Boltzmannsche Gleichung liefert den Mittelwert je- ner Temperaturschwankungen. Die so erhaltenen Temperaturschwankungen sind vollkommen unabhängig davon, auf welche Weise der thermische Verkehr zwi- schen K und dem relativ unendlich grossen Körper stattfindet die Temperatur- schwankung ist also auch dann von der berechneten Grösse, wenn dieser thermische Verkehr ausschliesslich auf dem Wege der Strahlung stattfindet. Man hat also dann nur noch die Frage zu untersuchen: welches müssen die statistischen Eigenschaften der Strahlung sein, damit sie die berechneten Temperatur- schwankungen wirklich erzeuge? Führt man die angedeutete Untersuchung durch, so erhält man das Resultat, dass die zeitlichen Schwankungen der Wärmestrahlung bei geringer Strahlungsintensität und grosser Frequenz weit grösser sind, als nach unserer heutigen Theorie zu erwarten wäre.—[12] Stellen wir nun zum Schlusse noch einmal die Frage: „Sind die beobachtbaren physikalischen Thatsachen vollständig kausal miteinander verknüpft?”, so müssen wir diese Frage entschieden verneinen. Die Lagen, welche ein in Brownscher Be- wegung begriffenes Teilchen in zwei um eine Sekunde auseinanderliegenden Zeit- werten einnimmt, müssen stets auch dem gewissenhaftesten Beobachter als voneinander unabhängig erscheinen, und dem grössten Mathematiker wird es nie gelingen, den von einem solchen Teilchen in einem bestimmten Fall in einer Se- kunde zurückgelegten Weg auch nur annähernd vorauszuberechnen. Nach der Theorie müsste man, um das zu können, Lage und Geschwindigkeit aller Einzel- moleküle genau kennen, was prinzipiell ausgeschlossen erscheint. Indessen führen uns die exakten allenthalben sich bewährenden Mittelwertsgesetze sowie die in jenen Gebieten feinster Wirkungen gültigen statistischen Gesetze über die Schwan- kungen zu der Überzeugung, dass wir an der Voraussetzung der vollständigen kau- salen Verknüpfung des Geschehens in der Theorie festhalten müssen, auch wenn wir nicht hoffen dürfen, durch verfeinerte Beobachtungen von der Natur die unmit- telbare Bestätigung dieser Auffassung je zu erlangen. AD (SzZuZB, Nachlass H. Zangger). [85 481]. The document consists of thirteen numbered pages, with pages 11, 12, and 13 numbered as 12, 13, and 14. Numbering is here provided in the margins in square brackets. [1]Presumably notes for a lecture delivered to the Physikalische Gesellschaft Zürich on 2 November 1910 (see “Protokoll der 5. Sitzung der Phys. Gesellschaft, 2 Nov. 1910” [SzZuZB, [p. 14]