D O C U M E N T 2 7 J A N U A R Y 1 9 2 2 9 3 theoretischen Teile. Laue[4] hat nämlich bestritten, dass die Lichtbiegung von der Undulationstheorie gefordert werde, und ich musste auch zugeben, dass meine Be- weisführung mangelhaft war. Jetzt aber habe ich, wie ich glaube, einen wirklich ex- akten Nachweis erbringen können, der als Anhang in der Publikation erscheinen wird.[5] Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes wäre es mir lieb, wenn die Sache möglichst eingehend kritisch gemustert würde. Bezüglich des Figaro-Artikels wäre ich gerne bereit, Sie zu einem Dementi zu autorisieren, wenn Sie mir den Artikel verschaffen und ich sehe, dass damit Un- recht gethan worden ist.[6] Die Studenten sind wirklich in grosser Not. Aber deren (und der Professoren) politische Haltung, hauptsächlich der Regierung gegenüber erscheint mir sehr unerfreulich, ja thöricht. Denn die Männer, welche jetzt die Last des Regierens tragen, sind an den jetzigen schwierigen Verhältnissen nicht schuld sondern gerade diejenigen, welche am lautesten Kritik üben. Es wäre nach meiner Meinung segensreich für die Ausgleichung der Gegensätze, wenn die ganze Stu- dentenschaft regelmässig Versammlungen abhielte, in welchen unter strenger Wah- rung gewisser Formen die Anhänger aller Parteien Vorträge hielten. In den angelsächsischen Ländern hat sich diese Einrichtung als politisch höchst wertvoll erwiesen, auch dadurch, dass sie die jungen Leute auf die Teilnahme am öffentli- chen Leben vorbereitet. Gottlob, dass aus dem blöden Artikel in der Schaubühne keine Affäre gemacht wird. Aber Sie begreifen sicher, dass einem unter solchen Umständen die Lust zum öffentlichen Auftreten herabgesetzt wird. Sie können mir glauben, dass mein direk- tes persönliches Wirken im Ausland immer dazu beigetragen hat, alte freundschaft- liche Traditionen anzuknüpfen, ohne dass ich jemals etwas von meinen Überzeugungen geopfert hätte. Andererseits ist es aber nicht zu ändern, dass in sol- chem Falle die Giftmischer einen Teil der guten Wirkung durch Verdrehung und Lüge aufheben. Dies ist in der ganzen Welt, auch bei uns so. Übrigens stehe ich der Politik so ferne, dass sie uns nicht entzweien könnte auch wenn wir noch so ver- schiedene Ansichten haben. Schliesslich ist doch jeder von der redlichen Gesin- nung des andern überzeugt, sodass schon darum keine Bitterkeit aufkommen kann. Was ich an Ihnen besonders bewundere, das ist, dass Sie eine so grosse Zahl jun- ger Talente wie aus dem Boden gestampft haben.[7] Das ist etwas ganz Einzigarti- ges. Sie müssen eine Gabe haben, die Geister Ihrer Hörer zu veredeln und zu aktivieren. Also schicken Sie mir einmal gelegentlich den Schmierer vom Figaro, nicht seinetwegen sondern unseretwegen. Sie, Ihre Frau und Familie Anschütz[8] grüsst bestens Ihr A. Einstein.
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