D O C U M E N T 1 0 1 M A R C H 1 9 2 2 1 9 9 101. From Zhu Jia-hua[1] Charlottenburg, Kantstr. 29/IV, den 21. März 1922. Sehr geehrter Herr Professor! Von unserer Gesandschaft erfuhr ich vor einigen Tagen, dass Sie sich für eine Ostasienreise bereits entschlossen haben, wofür ich mich natürlich ganz ausseror- dentlich interessiert habe. Leider hat unser Gesandter,[2] da er erst seit kurzer Zeit hier in Berlin ist, natürlich von unseren ehemaligen Verhandlungen keine Kenntnis gehabt, sodass er bereits nach Peking telegrafiert hatte, um sich dort von der Reichsuniversität Erkundigungen einzuholen. Ich bekam die Nachricht von Ihrem Besuch in der Gesandtschaft durch den ersten Sekretär, dem ehemaligen Ge- schäftsträger. Sie werden sich, sehr geehrter Herr Professor, noch entsinnen kön- nen, dass ich seinerzeit Ihnen persönlich den Ruf der Universität in Peking mitgeteilt habe und wir verschiedentlich darüber sprachen. Hierzu bemerke ich noch, dass die Reichsuniversität Peking eigentlich Sie gern für ein Jahr dort zu haben beabsichtigt. Wie Sie sich nun in unserer Gesandtschaft geäussert haben, haben Sie jetzt nur 2 Wochen für Peking übrig. Aber ich darf Sie wohl daran erinnern, dass Sie mir seinerzeit gesagt haben, dass Sie zuerst unbe- dingt nach Amerika fahren müssen und dann soll eben China in erster Linie kom- men. Wie ich nun hörte, haben Sie sich nun auch noch für Japan verpflichtet. Es würde mich jedoch sehr interessieren zu erfahren, für wie lange. Jedenfalls freue ich mich, dass Herr Professor sich entschlossen haben, zuerst nach Peking zu ge- hen, was natürlich auch selbstverständlich ist. Ich begrüsse jedenfalls Ihren Ent- schluss sehr und die chinesische Regierung sowie der dortige Gelehrtenkreis werden Ihre Ankunft ganz bestimmt mit voller Begeisterung willkommen heissen. Es wird ihnen blos leid tun, dass wir von Herrn Professor nur 2 Wochen lang Vor- träge hören werden. Ich hätte sonst sofort nach Kenntnisnahme von Ihrem Besuch in der Gesandtschaft noch einmal mit Ihnen darüber gesprochen. Da wir aber zu lange auf Ihren Entschluss gewartet und inzwischen garnichts von Ihnen gehört ha- ben, so muss ich doch auch noch das Pekinger Antworttelegramm abwarten, wie sich meine Behörden äussern. Eins kann ich Ihnen versichern, sehr geehrter Herr Professor, dass Ihr Aufenthalt dort sehr willkommen ist, und in jeder Weise die Be- hörden Ihren Aufenthalt angenehm zu machen versuchen werden und Ihnen Chi- na auch vieles von unserer Kultur zeigen wirden. Mit hochachtungsvollem Gruss Ihr sehr ergebener Chu Chia-hua