D O C U M E N T 1 2 7 A P R I L 1 9 2 2 2 2 3 Zunächst die gute Nachricht, daß es meiner Frau wieder viel besser geht, daß sie gestern von der Klinik zurücktransportiert wurde u. jetzt ihrer völligen Genesung entgegensieht.[2] Ich verfolge Sie mit diesem Briefe bis nach Paris, weil wir, d. h. die Firma, in- folge der Unverschämtheit des H. Martienssen uns an Sie um Hilfe wenden. Am 11. April soll hier eine Verhandlung vor dem Landgerichte sein, in der über die Be- schlagnahme des Martienssenschen Apparates geurteilt werden soll.[3] Sehr we- sentlich ist dabei ein von Ihnen vor Jahren erstattetes Gutachten, das natürlich jetzt von Martienssen u. einem Kollegen, den er zu Hilfe rief, einem Dr. Zahn angefoch- ten wird.[4] Und zwar mit Gründen, die so fadenscheinig sind, daß man sich wun- dern muß, daß er überhaupt einen Physiker fand, der ihm darin folgte. Da Sie mir so freundlich schrieben, Sie kämen ca. am 10 d. M. wieder nach Ber- lin u. wären dann bereit, ev. hieher zu kommen, so frage ich bei Ihnen an, ob es Ih- nen nicht möglich wäre, im Laufe des 10. April oder natürlich auch früher hier in Kiel einzutreffen u. zwar so, daß Sie von Köln über Hamburg fahren. Sie haben dann im Ganzen eine kürzere Eisenbahnfahrt u. für uns wäre es von höchstem Wer- te, wenn Sie am 11. sich persönlich zu Ihrem Gutachten äußern könnten. Die Gegner rechnen darauf, daß Sie zur Zeit unerreichbar sind[5] u. wollen diese Zeit benutzen, um einen Vors[to]ß zu machen ich vermute, daß derselbe bei Ihrer An- wesenheit kläglich scheitern wird. Wenn Sie am 10. im Laufe des Tages, wenn es nicht anders geht, auch des Abends hier eintreffen, bleibt Ihnen noch reichlich Zeit, sich über die Situation zu orientieren ich denke, daß 1–2 Stunden vollkommen genügen. Jetzt bleibt mir halt nur noch die Bitte übrig, daß Sie uns, d. h. der Firma unter der Telegramm Adr[e]sse Anschützco Kiel kurz depeschieren, ob u. wann wir Sie hier empfangen dürfen. Wenn es eben nicht möglich ist, dann müssen wir eben se- hen, daß wir geschwind einen Helfer finden, der dem Gerichte beweisen kann, daß wir in unserem guten Rechte sind. Und Ihr altes Zimmer im Hause steht für Sie bereit u. würde sich mit uns herz- lich freuen, Sie wi[ede]r einmal als Gast empfangen zu können. Mit vielen herzlichen Grüßen auch von meiner Frau Ihr Anschütz. ALS (GyKiSHB). Lohmeier and Schell 2005, pp. 158–159. [37 376]. Written on the author’s letter- head. There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document. [1]Einstein was staying at a private residence in Paris (see Doc. 123). [2]Reta Anschütz-Stöve had undergone surgery for a complicated case of appendicitis (see Doc. 94). [3]For the lawsuit against the Gesellschaft für nautische Instrumente, see Doc. 116. [4]Hermann Zahn (1877–1952) was Honorary Professor in Physics at the University of Kiel. [5]See Abs. 128.