D O C U M E N T 2 1 0 M A Y 1 9 2 2 3 2 3 210. From Maja Winteler-Einstein Firenze-Colonnata, 5 Via Strozzi, 31. Mai 1922. Meine Lieben! Dein Brief, lieber Albert kam mit ziemlicher Verspätung hier an,[1] u. ich hab auch noch eine ordentliche Zeitlang mit der Antwort gezögert, denn ich hatte viel mit dem Einräumen des Häuschens zu tun u. war noch etwas schwach.[2] Nun gehts mir aber wieder ganz gut, die Wunde ist zugeheilt u. fängt an zu vernarben. Man sieht nicht viel davon, denn sie steckt zum grössten Teil unter den Haaren, die al- lerdings kurz geschnitten werden mussten. Ob das Ding, was ich hatte, wirklich, wie Du meinst Furunkulose auf deutsch heisst, weiss ich nicht. Es hat mit Furunkeln nichts zu tun.[3] Es wurde hervorgeru- fen durch Streptococceninfektion, die ich mir wahrscheinlich im öffentlichen Bad in Florenz holte u. war sehr bösartig u. riesig schmerzhaft, eben wie Blutvergiftung. Ich bekam 4 grosse Antistreptokokkeneinspritzungen die mich nach Ansicht des Arztes hin auf Jahre hinaus gegen die Angriffe dieser Bakterien immun machten. Es ist also ziemlich sicher, dass ich nächster Zeit nichts derartiges mehr haben wer- de. [Di]es zu Eurer Beruhigung. Die Einspritzungen riefen übrigens eine sekundäre Krankheit hervor, deren Wirkungen fast noch schmerzhafter waren als die primäre u. deren Nachwehen ich jetzt noch spüre. Lieber Albert, wir haben Ende März unsere Möbel hierher bekommen u. sitzen auf unserm kleinen Gütchen im eigenen Häuschen, da ist es wohl ausgeschlossen, dass wir nach Süddeutschland ziehen.[4] Wir leben sehr billig da wir alles mögliche aus dem Gütchen ziehen. Der Ertrag wird auch von Jahr zu Jahr grösser, da lauter junge Oliven u. Weinpflanzen darin sind, so dass wir wohl nach menschlicher Vor- aussicht für alle Zukunft geborgen sind. Du solltest sehen wie reizend es hier ist. Du musst es sehen, denn Du musst uns bald einmal besuchen. Wir haben alles zu einem sehr billigen Preis bekommen[5] u. könnten es jetzt schon um 1/3 teurer ver- kaufen. Pauli geht so wie so jeden Herbst zur Generalversammlung, er hat ja die Reise in der Schweiz zu 1/5 des normalen Preises.[6] Von Deinem Pariser Aufenthalt hätte ich gern noch mehr erfahren. Hast Du viel Verstä[n]dnis gefunden, u. wie stellt sich Painlevé[7] jetzt zu deiner Theorie? Es freut mich sehr, dss Solovine[8] ein hübsches Leben hat. Ich habe eine sehr nette Erinnerung an ihn aus meiner Pariser Zeit, trotzdem er mich, dank Miza, nicht mehr leiden mag.[9] — Dich, liebe Elsa, beneide ich furchtbar, dass Du mit nach China u. Japan darfst. Ich ka[n]n mir denken, wie Du Dich freust. Es wäre für mich