4 0 0 D O C U M E N T 2 7 5 J U L Y 1 9 2 2 Fruchtbare Zusammenarbeit setzt Vertrauen voraus und Vertrauen gedeiht nur durch Pflege persönlicher Beziehungen. Von diesem Gesichtspunkt aus bedeutet meine Einladung von Seiten des Lehrkörpers des Collège de France einen ersten mutigen Schritt, dem hoffentlich andere von beiden Seiten nachfolgen werden. Ich habe es sehr bedauert, Sie nicht persönlich kennen gelernt zu haben. Ihr Bild hängt neben meinem Schreibtisch und neben dem meiner seligen Mutter.[3] Es grüsst Sie herzlich Ihr TLC. Nathan and Norden 1975, pp. 69–70. [34 521]. The letter is addressed “Henri Barbusse Mira- mar par Théoule.” There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document. [1]For publication in Clarté (see Doc. 183). [2]For Einstein’s impressions of his trip as published in the French press, see Le Petit Parisien, 10 April 1922, and L’Illustration , 15 April 1922. [3]Pauline Einstein. 275. To Marie Curie-Sk odowska Berlin, den 11. VII. 22. Liebe Frau Curie! Ich kann es verstehen, dass Sie mit meinem Entschluss nicht einverstanden sind, ja sogar, dass Sie ihn unbegreiflich finden.[1] Denn Sie kennen die hiesige Situation nicht genügend. Es ist hier unter den Intellektuellen ein unbeschreiblicher Antise- mitismus, der daurch besonders verstärkt ist, dass die Juden erstens überhaupt eine gegenüber ihrer Zahl unverhältnismässig grosse Rolle im öffentlichen Leben spie- len, und dass zweitens viele von ihnen (wie z. B. ich) sich für die internationalen Ziele einsetzen. Deshalb ist vom rein sachlichen Standpunkt ein Jude ungeeignet, als Verbindungsglied zu dienen zwischen der deutschen und der internationalen Intelligenz. Es sollte ein Mann gewählt werden, der uach mit der deutschen Intelligenz innige und ungetrübte Beziehungen hat, von ihr als ein „wirklicher Deutscher“ angesehen wird (ich denke an Männer wie Harnack oder Planck,[2] natürlich ohne mir erlauben zu wollen, in dieser Beziehung irgend etwas vorzuschlagen). Ich ziehe aus der oben geäusserten Meinung sine ira et studio[3] die volle Kon- sequenz, indem ich mich entschlossen habe, meine Stellung an der Akademie so- wie die als Direktor des Kaiser-Wilhem-Institutes für Physik möglichst geräuschlos aufzugeben und mich irgendwo als Privatmann niederzulassen. In Ber- lin kann ich schon darum nicht bleiben, weil Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass mir von Seiten der Ultra-Nationalisten nach dem Leben getrachtet wird.[4] Ob es wirklich wahr ist, ist natürlich schwer zu beurteilen. Jedenfalls benutze ich den