5 4 0 D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y N O V E M B E R 1 9 2 2 Bemühungen nicht weiss, ob eins meiner Geschosse die dicke Oberhaut Krösus’ hat durchdringen können.[33] Dann fuhren wir heim und schlüpften (nach Absol- vierung noch einiger Albümer) in den wohlverdienten Mosquito-Käfig. Nachts ungeheuer heftiger Tropen-Regenguss mit Gewitter. Ich stopfte schnell alle Fen- sterläden zu, was aber doch nur unvollständig gegen das viele Wasser half. Die Temperatur war während des ganzen Aufenthaltes nicht besonders hoch, aber die grosse Feuchtigkeit erinnert ans Treibhaus. Hat etwas Morgenländisch- Berauschendes. 3. November Nach dem Frühstück wundervolle Auto-fahrt über Gummi-Plan- tagen-Hügel nach dem Hafen. Wundervolle Vegetation fröhlich aussehende chine- sische Villen. Aussicht über Meer mit Inselchen. Noch ein schönes Häuflein getreuer Juden kam aufs Schiff. Erst gegen 11 Uhr gings ab in malerischer Fahrt zwischen grünen Inseln. Die Chinesen vermögen jedes andere Volk zu verdrängen durch Fleiss, Anspruchslosigkeit, Kinderreichtum. Singapore ist fast ganz in ihren Händen. Ge- niessen als Kaufleute grosse Achtung, weit mehr als Japaner, die als unzuverlässig gelten. Es mag schwer sein sie psychisch zu verstehen, ich habe Scheu davor, seit- dem mir der japanische Gesang so ganz unverständlich geblieben ist. Gestern hörte ich wieder einen vor sich hin singen, dass es mir schwindlig davon wurde. 7. XI. In der Zwischenzeit Regenwetter bei Treibhausluft. Gesellschaft auf Dampfer in Singapore um zwei alte gemütliche Schweizer-Offiziere und jungen deutschen Kaufmann bereichert. Vom Abend des 5 bis Abend des 6. Taifun mit riesigen Wellen, Wind und viel heftigem Regen. Das Schiff tanzte gewaltig. Wun- derbares Schauspiel an Schiffspitze. Viel fliegende Fische, vom Dampfer aufge- scheucht gewaltige Vertikalbewegung. Heute zeigt das Meer noch Reminiszenzen in seiner Bewegung. Ermüdung durch ewiges Balancieren. Frauen viel mehr see- krank als Männer. 10. Am 9. Morgens kamen wir in Honkong an. Es ist die schönste Landschaft, die ich auf der ganzen Reise bisher gesehen habe. Gebirgige, langgestreckte Insel nahe dem ebenfalls gebirgigen Festlande. Zwischen beiden der Hafen. Viele kleine steile Inselchen. Das Ganze wie eine halb ersoffene Gegend aus den Voralpen. Die Stadt terrassenartig am mässig geneigten Fuss eines etwa 500 m hohen Berges ge- legen. Luft angenehm kühl.[34] Den Empfang der jüdischen Gemeinde dankbar abgelehnt.[35] Aber zwei jüdi- sche Kaufleute verbrachten den ganzen Tag mit uns.[36] Vormittags Rundfahrt um Insel in Automobil angetreten. Blicke auf Meer, fjordähnliche Meeresbuchten und Berghalden von unerschöpflicher Mannigfaltigkeit und Pracht. Unterwegs assen wir zu Mittag in amerikanisch anmutendem Luxushotel, wo unsere beiden Führer sich nicht nur angeregt über Land und Wissenschaft mit mir unterhielten, sondern [p. 11] [p. 11v] [p. 12]
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