5 5 0 D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y D E C E M B E R 1 9 2 2 Kaizoscha-Verlag im Wirtszimmer, mit Ahorn geschmückt.[128] Hock in Inagakis Zimmer. Michaelis im Hotel getroffen.[129] 8 9. Morgenspaziergang in Hauptstrasse Nagoya bis Bahnhof vergeblicher Versuch, Pfeifentabak zu kaufen. Mit Yam, Inag & Ishiwara Besuch von schintei- stischem Tempel. Grosser Hain. Darin Tempelanlagen nach Hofsystem. Elegante Glatte Holzbauten. Schmucklos. Leere Häuschen für Seelen.[130] Muss vom Süden gekommen sein. Charakteristischer Dachansatz Naturreligion, vom Staate benutzt. Viel Götterei. Ahnen & Kaiserkultus. Bäume Hauptsache bei Tempelanlage. Fahrt nach Kioto nach grossem Bahnhofabschied der Studenten und Lehrer. Kioto freundlicher Empfang der Univ. Physiker und Studenten.[131] 8).[132] Besuch des kaiserlichen Schlosses mit herrlichem Festungsgebäude (turmartig) Im Schloss prächtige Naturmalereien an den Wänden und Thüren. Tiger, Winterzimmer, Pflanzen und Vögel. Hofscenen.[133] Nachmittags Musizie- ren mit Michaelis, grosser Vortrag in Cirkus mit Ishiwara.[134] 1 0 1.[135] Fahrt nach Osaka (grosse Fabrik- und Handelsstadt) Empfang von Bürgermeister & Studenten am Bahnhof. Im Hotel 11½ grosse Honoratioren Vor- stellung mit gehaltvollen Händedrucken. Festessen von Prof. Sata in grossem Saal Militär-Trompetenmusik, riesiges Essen. Reden mit viel Pathos, auch von mir.[136] (Japanisch gemildertes Amerika). Von 5½–7 und 8 bis Vortrag.[137] Das Ganze nicht so furchtbar anstrengend, weil alle Leute rücksichtsvoll und bescheiden. Bei Heimkehr grosse Entrüstung der zu Hause gelassenen Gattin. 10. 10½–12 und 1–3 Vortrag in Kioto. Grosse Kälte in herrlichem Saal.[138] Dann Besuch von kaiserlichem Garten und Krönungsschloss.[139] Der Schlosshof gehört zum Schönsten, was ich je an Architektur gesehen[140] Kaiser Allüren eines Gottes für ihn sehr unbequem. Im Saal, wo vom Hof aus die Krönungssessel sicht- bar sind, Bildnisse von etwa 40—chinesischen—Staatsmännern als Anerkennung für die kulturelle Befruchtung, welche Japan durch China empfangen hat.[141] Die- se Verehrung für fremde Lehrer lebt heute noch unter den Japanern. Rührende An- erkennung vieler Japaner, die in Deutschland studiert haben, an ihre deutschen Lehrer. Es soll sogar zur Erinnerung an den Bakteriologen Koch ein Tempel existieren.[142] Ernste Hochschätzung ohne eine Spur Zynik oder auch nur Skepsis [p. 24] [p. 24v]
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