5 5 4 D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y J A N U A R Y 1 9 2 3 28. Regnerischer Tag. Abends Einladung des kommerziellen Klubs von Moggi.[177] Ich geige, die Japaner singen einzeln japanisch. Haut Finance. Schlau und nicht so fein wie Europ Professoren, aber doch mehr wie analoge Europäer. Auch hier Schlichtheit der Formen. 29. Rührender Abschied.[178] Herr & Frau Yamomoto, H. & F. Inagaki, Kuwaki (mit Söhnchen) Ishiwara, Myake sowie Herrn der Mizzui-Gesellschaft. Alle auf Schiff.[179] Wunderbares Geschenk, Gedicht und Brief von Zuckii (Sendai, Dich- ter) angekommen.[180] Abfahrt etwa 4 Uhr. Schiff gross und behaglich. Elektrody- namik Energietensor gefunden und Ishiwara geschrieben.[181] 30. Ruhige Fahrt. Gedanke für Ausgestaltung von Weyl-Eddingtonscher Theo- rie.[182] Briefe an Yamomoto und Zuchii. Lesen Frankfurter Zeitungen, die Frau Prof. Berliner aus Tokyo geschickt hat, trauriges Europa![183] 31. Ankunft in Shanghai bei herrlichem Wetter Mittags abgeholt von De Jong (Ingenieur) und Herrn Gaton (Parvenu). Abendessen Wohnen bei letzteren Protz aber gutes Klavier. Sylvesterabend dort ich sass neben feiner Wienerin, sonst ge- räuschvoll und für mich traurig.[184] 32. 1 Jan Shanghai unerfreulich. Europäer Masse chinesischer Dienerschaft, sind faul, selbstbewusst und hohl. Mittagessen be de Jong. Freundlicher Engländer von internationaler Gesinnung. Nachmittags „Reception“ in Gatons Haus jüdische und sonstige schmalzige Spiesser in Scharren, übliche Händedrücke und Reden— abscheulich.[185] Dann Diskussion im „Question-Klub“ (Komödie mit dummen Fragen).[186] Abends noch chinesisches Volks-Vergnügungs-Etablissement be- sucht. Malerisches Leben. Chinese acceptiert wahllos europäische Musik bei allen Gelegenheiten (Belustigung, Hochzeit, Beerdigung), gleich ob Trauermarsch oder Walzer, wenns nur tüchtig trompetet. Dort gab es auch mitten im weltlichen Getrie- be ein Tempelchen. Vormittags kleine Autofahrt nach der Umgebung der Stadt alles voll Grabhügel und Särgen bezw. Sarghäuschen, die nicht entfernt werden dürfen. Chinesen schmutzig, gequält, stumpf, gutmütig, solid, sanft und—gesund. Alle sind im Lobe des Chinesen einig, aber auch über intellektuelle Minderwertig- keit bezüglich Arbeit im Geschäft bester Beweis: er erhält 10 mal weniger Lohn in der entsprechenden Stelle, und der Europäer kann doch als Geschäftsangestellter erfolgreich mit ihm konkurrieren. 2. Januar. Mittags Abfahrt. Trübes, windiges Wetter. Ich geniesse die Ruhe unbeschreiblich 3. Januar. kaltes, windiges Wetter. Beschauliches beneidenswertes Dasein auf dem Schiff, wo ich, um diesen Zustand zu erhalten Bekanntschaften ängstlich ver- meide. Nachdenken und Rechnen über Eddingtons Theorie[187] (Versuch einer Ver- vollständigung derselben. Verbesserung der Variationsmethode in der gewöhnlichen allgemeinen Relativität. [p. 28v] [p. 29] [p. 29v]
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