D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y F E B R U A R Y 1 9 2 3 5 6 1 soll in Gartenparzellen aufgeteilt werden. Unser Wirt ist ein strammer, sesshaft ge- wordener Zigeuner. Seine Familie hats dort nicht ausgehalten und lebt gegenwärtig in Deutschland.[245] Drollige Pilgerfahrten mit grosser Laterne nach dem Abtritt Strömender Regen in der Nacht. 12. Spazier gang fahrt hinunter zum Tiberiassee. Palmen- und Pinien-Allee. Landschaft ähnelt Genfersee. Sonne kommt hervor. Üppige aber Malaria-ver- seuchte Gegend. Bildhübsche junge Jüdin und interessanter studierter Arbeiter im GutsHause. Nach Mittagessen über das malerische Tiberias nach kommunistischer Siedelung Degania beim Abfluss des Jordans aus Tiberias-See, vorher Magdala passiert, Marias Heimatsort, wo Araber Archäologen Boden zu horrenden Preisen verkauften.[246] Kolonisten höchst sympathisch, meist Russen. Schmutzig aber von ernstem Wollen und mit Zähigkeit und Liebe ihr Ideal fortsetzend im Kampf gegen Malaria, Hunger und Schulden. Dieser Kommunismus wird nicht ewig dauern aber ganze Menschen erziehen. Nach eingehender Unterhaltung und Besichtigung Fahrt bei gutem Wetter nach Nazareth hinauf. Unterwegs prachtvolle Aussicht auf See, felsige Hügel und zuletzt das malerische Städtchen Nazareth. Abends in deutschem Gasthaus, heimelig.[247] Strömender Regen aufs Neue. 13. Autofahrt von dem terassenartig gebauten, sehr malerischen Nazareth über Ebene Israel, Nablus nach Jerusalem. Abfahrt bei ziemlicher Hitze, dann empfind- lich kalt mit strömendem Regen. Unterwegs Strasse durch eingesunkenes Lastauto versperrt. Menschen und Auto separat Umweg über Graben und Feld. Die Autos werden schwer geschunden in diesem Lande. Abends deutscher Vortrag in Jerusa- lem in vollgestopftem Saale mit unvermeidlichen Ansprachen und Diplom der Pa- lä jüdischen Aertze, bei dessen Überreichung der Redner Angst hatte und stecken blieb.[248] Gottlob, dass es auch unter uns Juden weniger selbstbewusste gibt. Man will mich unbedingt in Jerusalem haben und attakiert mich in diesem Sinne in ge- schlossener Reihe. Das Herz sagt ja, aber der Verstand nein. Meine Frau Else am Vorabend der Reise in schwerem Fieber[249] 14. 6¾ Abfahrt mit Hadassa nach Bahnhof. 7½ Abfahrt nach Abschied an der Bahn Hadassa fährt mit bis Lud.[250] Umsteigen. Frau immer schlechter bis Canda- ra, wo sie ganz zusammenbricht. Freundlicher arabischer Kondukteur. In Candara Bekanntschaft einiger Beamten, die meiner Frau Eier und Lager gewähren 5½–10 Uhr Aufenthalt. Weiterreise sehr schwer. Ankunft in Port Said. Bei Herrn Muschli in schönem Haus geborgen.[251] Alles wird gut werden. 15. Spaziergang zum Lesseps-Denkmal.[252] Kubistisches farbiges Bild von viereckigen Badhäuschen und grössern Häusern längs Strand. Strahlende Sonne. Gefühl von Befreiung. Frau besser, wird aufopfernd von Frau Muschli gepflegt.[253] Besuch bei Governer (Orientale mit breitem Gesicht) und einigen Konsuln. [p. 38] [p. 38v] [p. 39]