5 6 2 D O C . 3 7 9 T R A V E L D I A R Y F E B . / M A R C H 1 9 2 3 16. Vormittag Abreise auf „Ormuz“ (Oriental line)[254] Schlechtes Futter. Fast lauter Kolonialengländer auf dem Schiff, Bekanntschaft mit jüdischem Kaufmann Haye aus Ausstralien und einigen Amerikanern. 17. 18. 19. Übel von schlechtem Futter. Hoher Seegang und Regen 19. morgens Stromboli schön sichtbar. Nachmittags 6 Uhr Neapel. Vesuv in grauen Wolken Himmel bedeck. Dabei so kalt und unfreundlich, dass man froh ist, auf dem Schiff bleiben zu können. Engländer aus Australien entpuppt sich als Meklenburger. Nachricht von Eisenbahnstreik in Frankreich und immer neuen Repressalien an der Ruhr wie mag es gehen?[255] In Marseille Toulon Leute freundlich, in Marseille gefährlich deutsch zu sprechen. Bahnhofdirektor des Güterverkehrs weigert sich, unser Gepäck nach Berlin, ja selbst nach Zürich zu befördern.[256] 22–28. Aufenthalt in Barcelona Viel Mühe aber liebe Menschen , Volkslieder Tänze Refectorium.[257] Schön wars![258] 1. März. Ankunft in Madrid. Abfahrt von Barcelona herzlicher Abschied. Terra- das, deutscher Konsul mit Tirpitz’ Tochter etc.[259] 3. März. Erster Vortrag in Universität[260] 4. März Autofahrt mit Kocherthalers. Antwort auf Cabreras Akademierede ge- schrieben. Nachmittags Akademiesitzung mit Königs Vorsitz. Wunderbare Rede des Akad. Präsidenten.[261] Dann Thee bei arist. Gesellschaftsdame.[262] Abends zuhause aber ganz katholisch. 5. Vormittags mathematische Gesellschaft Ehrenmitglied. Diskussion über all- gemeine Relativität. Essen bei Kuno, Besuch bei Kuchal Wunderbarer alter Kopf. Schwer krank. Vortrag. Abends Essen eingeladen von Herrn Vogel.[263] Gutherzi- ger humorvoller Pessimist. 6. Durch viele Lügen cachierter Ausflug nach Toledo. Einer der schönsten Tage meines Lebens. Strahlender Himmel. Toledo wie ein Märchen. Ein begeisterter al- ter Mann, der Bedeutendes über Goy Greco geschrieben haben soll führt uns Strassen und Marktplatz, Blicke auf die Stadt, Ta g jo mit Steinbrücken, steinbe- deckte Hügel, liebliche Ebene Dom, Synagoge, Sonnenuntergang auf der Heim- fahrt mit glühenden Farben. Gärtchen mit Aussicht bei Synagoge. Herrliches Bild von Greco in kleiner Kirche (Beerdigung eines Nobile) gehört zum tiefsten, was ich je sah.[264] Wundervoller Tag. 7. 12 Uhr Audienz bei König und Königin Mutter. Letztere zeigt ihre Wissen- schaft. Man merkt dass niemand ihr sagt, was er denkt. Der König einfach und wür- dig, ich bewunderte ihn in seiner Art. Nachmittags dritter Universitätsvortrag andächtiges Publikum, das sicher fast nichts verstehen konnte, weil die letzten Pro- bleme behandelt wurden. Abends grosser Empfang beim deutschen Gesandten. Gesandter & Familie prächtige schlichte Leute.[265] Gesellschaft Strafe wie immer. Terradas Campalang, Lana, Tirpitz’ Tochter [p. 39v] [p. 40] [p. 40v] [p. 41]