606 DOCUMENT 391 IMPRESSIONS IN JAPAN (313) Plauderei über meine Eindrücke in Japan. Albert Einstein. Ich bin in den letzten Jahren viel in der Welt herum gereist, eigentlich mehr, als sich für einen Gelehrten schickt Denn ein solcher von meiner Art soll eigentlich still in seinem Zimmer sitzen bleiben und studieren. Nun gab es für meine früheren Reisen stets eine Entschuldigung, die mein nicht sehr empfindliches Gewissen bequem [2] zur Ruhe bringen konnte. Als aber Yamamotos Einladung nach Japan kam, entschloss ich mich sofort zu der grossen Reise, die doch Monate in Anspruch nehmen musste, ohne dass ich dafür eine andere [3] Entschuldigung anführen kann als die eine, dass ich es mir nie hätte verzeihen können, wenn ich die Gelegenheit, Japan mit eigenen Augen zu sehen, hätte unbenutzt vorbeigehen lassen. [4] Nie in meinem Leben bin ich in Berlin mehr und echter beneidet worden wie in dem Augenblicke, als man erfuhr, dass ich nach Japan eingeladen sei. Denn dies Land ist bei uns von einem Schleier des Geheimnisvollen umgeben wie kein anderes. Man sieht viel Japaner bei uns, einsam lebend, eifrig studierend, freundlich lächelnd. Niemand kann die Gefühle ergründen, die hinter diesem schützenden Lächeln verborgen sind. Und doch weiss man, dass eine von der unsrigen [5] verschiedene Seele dahinter steckt, die sich im japanischen Stil zeigt, wie er sich in den zahlreichen bei uns vertretenen japanischen kleinen Gebrauchsgegenständen äussert und in einer japanisch beeinflussten Literatur, die von Zeit zu Zeit Mode wird. Alles, was ich über Japan im Kopfe hatte, konnte mir kein klares Bild geben. Meine Neugier war aufs Höchste gespannt, als ich auf der "Kitann Maru" durch die japanischen Meerengen fuhr und die unzähligen zierlichen grünen Inselchen in der Morgensonne leuchten sah. Am meisten aber leuchteten [6] die Gesichter aller japanischen Passagiere und der ganzen Schiffsmann-
Previous Page Next Page