44 DOC. 19 RESIGNATION FROM ICIC zu erachtenden Reparationsleistung, den Zah- lungsmodus u. s. w. entscheiden müßte - solche Instanz könnte aus dem Völkerbund herauswachsen. III. Der Völkerbund hat enttäuscht, vergl. Abrüstungsfrage, Oberschlesien u. s. w. - e. könnte in Zukunft jedoch zum „wahren Völkerbund" sich entwickeln. Er müßte aus einem Bund der Regierungen zu einem Bunde der Völker durch Entwicklung interparlamen- tarischer Völkervertretung werden. Zwischen Weltvölkerbund und heutigem Zustand dürften die „Vereinigten Staaten von Europa" liegen. Zu meinem Austritt aus der Völkerbundkommission für intellektuelleZusammenarbeit Von Professor Dr. Albert Einstein, Berlin. Bei meiner Rückkehr aus Japan habe ich schweren Herzens meinen Austritt aus der [1] Völkerbundkommission für intellektuelle Zu- sammenarbeit erklärt. Ich tat es, weil das bisherige Wirken des Völkerbundes mich da- von überzeugte, daß es keine noch so brutale Handlung der gegenwärtig mächtigen Staaten- [2] gruppe zu geben schien, gegen welche der Völkerbund auftreten würde. Ich tat es, weil der Völkerbund, so wie er heute seines Amtes waltet, das Ideal einer internationalen Organi- sation nicht nur nicht verkörpert, sondern ge- radezu diskreditiert. Ich tat es aber mit in- nerem Widerstreben, weil die Hoffnung in mir doch nicht ganz erloschen war, daß in diese Schale doch vielleicht allmählich noch ein besserer Inhalt hineinwachsen könnte. Je- denfalls tröstet mich der Oedanke, daß an meiner Stelle einer der reinsten und vortreff- lichsten Männer in diese Kommission gewählt wurde, über welche die zeitgenössische Wis- senschaft verfügt, ein Mann, der durch seine von allen anerkannte Lauterkeit und Gerech- tigkeit einen überaus heilsamen Einfluß aus- üben kann. Damit, daß die Kommission ihn [3] gewählt hat (es ist Prof. H. A. Loren tz in Haarlem) hat sie meine harten Worte in ge- wissem Sinne widerlegt, worüber niemand froher sein kann als ich selbst. Möge der Völkerbund in Zukunft auch in tiefer eingrei- fenden Fragen meine Worte als falsch er- weisen! Demokratie und Völkerbund. Von Dr. Paul Szende, Wien. Früherer Ungarischer Finanzminister. Wir wollen an einem klassischen Beispiele zeigen, welche Folgen das Fernbleiben der wahrhaft demokratischen und pazifistischen Elemente vom Völkerbund zeitigt. Er wurde dadurch - von wenigen Ausnahmen abge- sehen - zum Tummelplatz reaktionärer Po- litiker und Diplomaten, die den Völkerbund zum Instrument der europäischen Gegenrevo- lution zu machen versuchen. 1. Die politische Atmosphäre birgt Keime kriegerischer Verwicklungen in sich, der Völ- kerbund unternimmt aber eben infolge seiner jetzigen Zusammensetzung nichts, um der drohenden Kriegsgefahr wirksam vorzubeu- gen. Die innerpolitische Reaktion, die den Haß predigt und die Nationen gegeneinander hetzt, erhebt immer kühner ihr Haupt, ohne daß der Völkerbund dagegen aufträte. In al- len Fällen, wo die Bestimmungen der Friedens- verträge durch gewaltsame Putsche mit Fü- ßen getreten wurden, (Wilna, Ostgalizien, Fiume, Burgenland, Memel usw.), da schwieg vorerst der Völkerbund, später sanktionierte er aber jede solche Besitzergreifung. Nur ein einziges Mal hat der Völkerbund Ersprießliches geleistet, indem er die Garantie für die Öster- reich zu gewährenden Anleihen übernahm. Doch selbst diese Glanzleistung ist mit einem argen Schönheitsfehler behaftet: Der Völker- bund, dessen Grundlage das Selbstbestim- mungsrecht der Völker sein sollte, stellte als Hauptbedingung die Konfiskation des Wir- kungskreises des österreichischen Nationalra- tes, die Ausschaltung des Parlamentes. Es ist nicht sein Verdienst, daß die Knebelung der demokratischen Republik nicht gelang. 2. Der Ruhrkonflikt ist das Um und Auf der Außenpolitik, die Achse, um die sich der Weltfrieden dreht. Bei der letzten Tagung des Völkerbundes wurde davon jedoch herzlich we- nig gesprochen. Eine umso heißere (Debatte ent- spann sich in einer Frage, die den Uneinge- weihten als ein recht belangloses Problem er- scheint. Jetzt ist das Wilsonsche Buch, über die Friedensverhandlungen erschienen, aus dem erhellt, mit welcher fanatischen Starrheit Wil- son seinen Lieblingsgedanken, den Völkerbund, verteidigte und welche Zugeständnisse er den Alliierten machen mußte, um ihnen diesen Plan aufzuzwingen. Nach den letzten Ver- handlungen des Völkerbundes wissen wir 186
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