3 3 0 D O C U M E N T 2 1 0 F E B R U A R Y 1 9 2 4 210. To Reta Anschütz-Stöve [Berlin,] 9. II. 24. Liebe Frau Anschütz! Sie sind eine gute Frau und ich bin ein ehrlicher Kerl. Deshalb behalte ichs nicht für mich sondern sage es Ihnen frei heraus. Es war nicht hübsch von Ihnen, wie Sie gestern meiner Frau[1] telephoniert haben, indem Sie ihr sagten, Sie würden nicht zu uns in die Wohnung kommen, indem sie mich verlangten, ohne ihr ein Wort des Grusses zu sagen. Es war so, wie wenn Sie eigens telephoniert hätten, um ihr Ihre Antipathie zu zeigen. Dass dies Gefühl bei Ihnen vorliegt, kann ich verstehen. Sie sehen in ihr die Frau, die mich meinen Jungen[2] weggenommen hat, und empfinden das Bedürfnis, sie dies fühlen zu lassen Sie thun es aus Zuneigung zu meinen Buben. Sie können aber diese Dinge nicht richtig beurteilen. Die Trennung von meiner ersten Frau war für mich seit Jahren eine Notwendigkeit gewesen, der ich mich nicht verschliessen konnte,[3] auch wenn meine jetzige Frau gar nicht existiert hätte. Meine jetzige Frau hat sich ferner der früheren und den Kindern gegenüber tadellos verhalten in jeder Beziehung, so schwer ihr dies auch gemacht wurde. Sie ist bei jeder Gelegen- heit freiwillig in den Hintergrund getreten, um die Rechte meiner Familie nicht anzutasten. Nicht viele hätten all dies fertig gebracht. Mir ist sie stets eine aufop- fernde, gute Frau gewesen, der nicht das Geringste vorzuwerfen ist. Da ist es doch ein selbstverständliches Gebot der Billigkeit, dass ich sie gegen absichtliche Beleidigung in Schutz nehme. Ist es recht von mir, wenn ich in Ihr gastliches Haus komme, wenn Sie es ausdrücklich ablehnen, das meinige zu betre- ten? Es kann doch unmöglich Ihre Absicht sein, mich auf Grund der herzlichen Ge- fühle, die ich für Ihren Mann[4] und Sie hege, in eine so schiefe und unwürdige Lage zu versetzen. Überlegen Sie sich dies einmal in aller Gemütlichkeit und thun Sie dann so wie es Ihnen Ihr gutes Herz eingibt. In der Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen grüsst Sie und Ihren Mann herzlich Ihr A. Einstein. Freundliche Grüsse an Familie Richter.[5] ALS (Dorothea Kubierschky). [84 298]. [1]Elsa Einstein. [2]Hans Albert and Eduard Einstein. [3]Einstein and Mileva Einstein-MariFseparated on 29 July 1914 (see Vol. 8, Calendar). [4]Hermann Anschütz-Kaempfe. [5]Oskar Richter and his wife Maria Richter-Anschütz.
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