3 6 2 D O C U M E N T 2 3 5 A P R I L 1 9 2 4 235. To Mileva Einstein-Maric [Berlin,] 19. IV. 24. Liebe Mileva! Neulich war ich bei Haber und habe aus Deinen Briefen den Eindruck gewonnen, dass es Dir letztes Jahr ferne gelegen hat, mich zu beleidigen.[1] Deshalb möchte ich unsere alten guten Beziehungen wiederherstellen und denke sogar daran, bei Euch zu wohnen, wenn ich wieder nach Zürich komme. Dies wird jetzt nicht sein, weil ich in Neapel aus Gesundheitsgründen abgesagt habe.[2] Es geht mir aber nicht schlecht nur wollte ich soviel unnütze Strapazen und Emotionen vermeiden. Den Buben[3] schreibe ich wenig. Aber ich denke umso mehr an sie, und sie bilden einen der schönsten Inhalte meines inneren Lebens. Der Gedanke, durch sie dies Leben fortzusetzen, wenn mein Räderwerk abgelaufen ist, ist für mich ein froher. Zangger hat mir wegen eines Hauskaufes geschrieben.[4] Vom geschäftlichen Standpunkt aus ist die Sache nicht gerade begeisternd. 10000 fr Spesen und 14 Ein- künfte, wenn alles vermietet ist. Die 4 Rest werden sicher durch Reparaturausgaben und sonstiges Unvorgesehenes vermindert. Da habt Ihr mit der Verwaltung viel Plackerei und kriegt kaum mehr, als wenn man das Geld sonstwie anlegt. Aber wenn Ihr an sich Freude an der Sache habt, so will ich Euch nicht im Wege sein, zumal die Kinder an dem Betrieb etwas lernen können. Immerhin musst Du daran denken, dass Albert wohl nicht immer in Zürich bleiben wird, und dann die ganze Sache auf Deinen und Tetes Schultern liegen wird. Dafür spricht, dass ein Haus doch ein sicherer Besitz ist als irgend welche Papiere. Dies alles wollte ich Dir sa- gen, aber den Entschluss doch Euch überlassen. Es kommt schliesslich nicht nur auf das Materielle sondern auch auf Eure Wünsche an. Ich gehe im Mai nach Kiel, wo auch Herr Anschütz sein wird.[5] Für den Sommer habe ich noch keine Pläne. Sicher ist nur, dass ich mit den Kindern zusammen sein will. Überlegt es Euch einmal. Schreib mir nur frisch von der Leber weg. Nach den Erlebnissen des letzten Jahres werde ich Dir nun nichts mehr übelnehmen sondern die Meinungsdifferenzen auf das Konto unserer inneren Verschiedenheiten setzen. Es ist doch viel schöner, wenn man in freundlichem Einvernehmen lebt. Euch alle drei grüsst herzlich Euer Papa. Lest Bernhard Shaw „Helden“. Es kommt dort eine entzückende Gegenüberstel- lung eines serbischen und eines schweizer Offiziers vor.[6]