D O C U M E N T 2 5 3 M A Y 1 9 2 4 3 8 5 253. To Michele Besso Kiel, 24. V. 24. Lieber Michele! Dass Du mir zweimal geschrieben hast, weiss ich.[1] Aber ob ich Dir geantwor- tet habe, das weiss ich nicht vielleicht hab ich Dir seit Deiner Operation nicht mehr geschrieben. Seit der wundervollen Reise nach Japan, auf der ich zum ersten Male eine gesunde menschliche Gesellschaft sah, deren Mitglieder in ihr aufgehen, hab ich ein stilles Leben ohne äussere Ereignisse geführt. Die einzigen Unterbrechun- gen sind meine Aufenhalte in Kiel, wo ich meine technischen Reminiszenzen so ein wenig auffrische.[2] Wissenschaftlich hänge ich fast ununterbrochen dem Quantenproblem nach und glaube wirklich auf der richtigen Spur zu sein—wenns gewiss ist. Das Beste was mir da in späterer Zeit gelungen ist, war die Arbeit von 1917 in der physikal. Zeitschrift.[3] Meine neuen Bestrebungen gehen auf Vereini- gung von Quanten und Maxwellschem Felde.[4] Von den experimentellen Ergeb- nissen der letzten Jahre sind eigentlich nur die Experimente von Stern und Gerlach sowie das Exp. von Kompton (Zerstreuung der Röntgenstrahlung mit Frequenzän- derung) von Bedeutung, deren erstes die Allein-Existenz der Quanten-Zustände, deren zweites die Realität des Impulses der Lichtquanten beweist.[5] Der Landesbibliothek habe ich meine Abhandlungen gesandt, gerade bevor in meinen Büchern durch die Verheiratung meiner Stieftochter Ilse wieder ein Zeital- ter der Wildnis eingetreten ist.[6] Mir geht es gesundheitlich und auch sonst in jeder Beziehung gut. Insbesondere machen mir die Buben viel Freude, die sehr solid ge- raten sind, sodass ihnen der Nobelpreis wohl nicht zum Verhängnis werden wird, den meine verflossene Frau bekommen hat.[7] Die politischen Zustände sind ruhi- ger geworden, und um mich bekümmern sich die Vielzuvielen gottlob nicht mehr viel, sodass mein Leben ruhiger und ungestörter geworden ist. Frankreich hat durch seine Wahlen gezeigt, dass es seinen Sieg verdaut hat.[8] Man kann den Leuten das Kompliment machen, dass sie das geringere Übel sind mir scheint es wenigstens so. Sei mit Anna Vero und Familie[9] herzlich gegrüsst von Deinem Albert. Grüsse an Schauenberg, Sauter, Blau und Schenk.[10] ALSX. [7 349]. [1]Since Einstein’s return from the Far East in mid-March 1923, two letters by Besso are extant: he had written to Einstein on 23 March 1923 (see Vol. 13, Doc. 452), and then again in March 1924 (see Doc. 228), where he informed Einstein of his surgery. [2]Einstein had stayed in Kiel and worked at Hermann Anschütz-Kaempfe’s gyrocompass factory
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