D O C U M E N T 3 1 9 S E P T E M B E R 1 9 2 4 4 9 5 319. To Hendrik A. Lorentz [Berlin,] 13. IX. 24. Verehrter Herr Lorentz! Ich war soeben bei Prof. Scheel mit Ihrem Briefe.[1] Er hat schon mit den Herren von der Gesellsch. für praktische Physik[2] wegen der Angelegenheit der Referate- Organisation Rücksprache genommen. Leider sind die Schwierigkeiten viel grös- ser als ich angenommen hatte. Prof. Scheel beteuerte mir, dass er den guten Willen zur Mitarbeit habe, dass aber sowohl er selbst wie die Herren, mit denen er sprach, folgende Bedenken geltend machen müsse. Für die „Berichte“[3] bedeute es keine wirkliche Vereinfachung, wenn sie statt die Originalarbeiten zu referieren, ¢Berichte²Referate zur Übersetzung ins Deut- sche geliefert bekämen. Denn die Übersetzungen könnten nur von Fachleuten vor- genommen werden, müssten also eine ebenso komplizierte Verteilung unter diese erfahren wie bisher die Originalabhandlungen. Die Berichte würden bisher von Leuten geliefert, welche die Originalabhandlungen ihres Spezialgebietes ohnehin lesen, und lieber Berichte verfassen als Übersetzungen herstellen, da die Verfas- sung dieser selbständigen Berichte gewissermassen als Ehrensache betrachtet würde. Ferner hätten sie Bedenken wegen der Vollständigkeit der Berichterstattung. Sie hätten es mit vieler Mühe erreicht, 91% aller in der Litteratur der ganzen Welt er- scheinenden Arbeiten zu referieren, und sie fürchteten, an dieser Vollständigkeit einzubüssen. Endlich fürchteten sie an Qualität der Referate einzubüssen, wenn sie sich blindlings einer solchen Organisation anschlössen, über deren thatsächliche qualitative Leistungsfähigkeit sie sich doch von vorneherein kein Urteil bilden könnten, zumal da Fehler durch Übersetzung ebenfalls den Wert der Referate ver- mindern müssten. Wegen der Sprache, in der die Briefe und Protokolle Herrn Scheel bezw. den Gesellschaften übermittelt würden, bestünde kein Bedenken und keine Empfindlichkeiten.[4] Überhaupt kämen bei der ganzen Angelegenheit nur prakti- sche aber keinerlei politische Erwägungen in Betracht. Was nun die Zeit der geplanten Zusammenkunft in Brüssel betreffe, so wäre es Herrn Scheel recht, wenn etwa der 20. ¢Septem² Oktober gewählt würde.[5] Vor dem 15. Oktober würde er nicht gut abkommen können.— Ich muss gestehen, dass ich bei diesem Gespräch den Eindruck bekommen habe, dass bei Herrn Scheel und den andern (von der Ges. für praktische Physik) unter der Schwelle des Bewusstseins eine gewisse ¢Abneigung² Scheu gegen die internationale Zusammenarbeit bestünde, wenn dies auch absolut nicht zum Ausdruck kam und die vorgebrachten Gründe rein objektiver Natur waren. Man kann sich unter diesen Umständen die Frage vorlegen, ob bei dieser Sachlage eine