D O C . 4 5 5 T R A V E L D I A R Y 6 9 1 Idee zur ¢Begründung² Erklärung der Kohärenz von nach verschiedenen Rich- tungen emittierter Strahlung[23] (18. III). 22. Gestern Rio Rabbiner & sonst [einer?] sowie einige Ing und Mediziner holten mich am Schiff ab.[24] Zuvor ¢6² 5½–7 Einfahrt in den Hafen. Himmel bedeckt und schwacher Regen, aber doch majestätischer Eindruck der bizarren Riesenfelsen— Meine Begleitung sehr gemütlich und angenehm. Botanischer Garten sowie über- haupt Pflanzenwelt übertrifft die Träume von 1001 Nacht.[25] Alles lebt und wächst sozusagen unter den Augen. Köstlich ist das Völkergemisch in den Strassen. Por- tugiesisch—indianisch—Negerisch mit allen Übergängen Pflanzenartig triebhaft, hitzegedämpft. Wundervolles Erlebnis. Eine unbeschreibliche Fülle von Eindrüc- ken in wenig Stunden. 27. 24. Montevideo mittags. Journalisten und andere Juden verschiedener Sorte, un- ter anderen Nierenstein, Sekretär der Universität. Dieser ist ein resignierter, guter Mensch, aber die andern alle mehr oder weniger unsauber.[26] Schiff sollte 17 Uhr in Buenos eintreffen, blieb aber gegen 11 Uhr stecken, so- dass erst 2½ Nachts Ankunft.[27] Bin halbtot von dem unappetitlichen Gesindel. Frau Jerusalem und alle Stuarts stehen mir bei. 7 Uhr Morgens geht der Tanz auf dem Schiff wieder los 8½ gingen wir ans Land. Nierenst. hilft. Fahren zu Wassermanns.[28] Endlich Ruhe ganz abgehetzt. Gütige und frohe Haus Frau. Nimmt alle Chikanen einer „freiwilligen Sekretärin“ auf sich zusammen mit Frau Jerusalem. Nachmittags Kreis der Freundinnen („Soldaten“) da sowie deutscher Gesandter.[29] Abends Besuch bei Rektor und Dekan.[30] Schlichte und freundliche Menschen ohne Pose, aber auch ohne das Gefühl einer Mission. Nüchtern, aber die und andere richtige Republikaner, in manchem an Schweizer erinnernd. Stadt komfortabel und langweilig. Menschen zart, Rehaugen, Grazie, aber scha- blonenhaft. Luxus, Oberflächlichkeit. Am 2¢5²6. Menge Journalisten und Photographen. Um 12 Uhr Fahrt in Stadt und zum Markt.[31] Südlich gemildertes New York. Nachmittags Dekan von Laplata zierliches Retortenmenscherl mit analogem Frauchen[32] und Deputation der Ju- den. Letztere wollen mich in Massenversammlung „feiern“. Da ich aber Neese pleng[33] von New York, lehne ich entschieden ab.[34] Nur Zusammenkunft mit De- putationen bleibt übrig. Abends Familie. Frau Jerus. spielt sich auf mit sehr viel Witz und Geist, aber mit forzierter Lustigkeit. Heute Vormittag ruhig zuhause. Nachmittag Empfang in der Universität mit ein- leitendem Vortrag.—[35] Langer Saal, Cylindergewölbe. Schwungvolle Reden, ich französisches Gestöp- sel bei Unruhe. Kulturlose Angelegenheit. [p. 12] [p. 13] [p. 14] [p. 15]