4 6 D O C U M E N T 6 J U N E 1 9 2 5 6. To Otto Lehmann-Russbüldt[1] [Berlin,] 12. VI. 25. Sehr geehrter Herr Lehmann-Russbüldt! Meine Möglichkeit, hier in Berlin zu bleiben, beruht darauf, dass ich persönlich im politischen Leben nicht hervortrete. Wenn ich diese Anfrage unterzeichne, wird eine grosse Zahl der deutschen Professoren dies als eine Provokation von meiner Seite betrachten, und es wird daraus eine Situation entstehen, die wahrscheinlich damit enden würde, dass ich mein Zelt irgendwo anders aufschlage.[2] Da ich diese Komplikation (jedenfalls in diesem Augenblick) nicht will, so unterschreibe ich diesen Brief nicht. Zweitens möchte ich davor warnen, diesen Brief überhaupt von einem Juden un- terschreiben zu lassen. So sehr ich nämlich dafür bin, dass die Juden unabhängig und stolz sein sollen, so muss doch darauf gehalten werden, dass sie als kleine nu- merische Minderheit nicht einen unproportional grossen Einfluss auf die öffentli- chen Angelegenheiten ausüben. Endlich muss ich gestehen, dass ich die ganze Enquête für unzweckmässig halte. Es werden wenig Antworten einlaufen und diese werden ein schiefes Bild des Sachverhaltes geben. Viele, die eine solche unwürdige Einmischung in die politi- sche Freiheit unbedingt verurteilen, werden dies einer Stelle gegenüber nicht zum Ausdruck bringen wollen, die nichts weniger als politisch neutral ist. Auch wird man trotz der konzilianten Form eine solche Anfrage als taktlos und anmassend empfinden. So etwas müsste von den Hochschullehrern selbst ausgehen, um Wert zu haben. Sprechen Sie doch einmal mit Meinecke (Historiker an der hiesigen Universität)[3] darüber, ob er es für möglich hält, dass von Seite der Professoren eine solche Initiative ergriffen werden könnte. Mit vorzüglicher Hochachtung A. Einstein ALS. [44 319]. The letter is addressed to the “Deutsche Liga für Menschenrechte.” It does not seem to have been sent. [1]Lehmann-Russbüldt (1874–1963) was a German writer, journalist, pacifist, and general secre- tary of the German League for Human Rights. [2]The survey may have been related to the ongoing case against Emil J. Gumbel (see Vol. 14, Doc. 306a, note 3, in this volume). [3]Friedrich Meinecke (1862–1954) was Professor of History at the University of Berlin.
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