DOC. 51 F O R R O L L A N D ’ S S I X T I E T H B I R T H D A Y 105 A L B E R T E I N S T E I N VEREHRTER MEISTER E in einziges Mal habe ich Sie mit leiblichen Augen ge- sehen, als Sie noch unter dem frischen Eindruck des Aus- brechens der europäischen Katastrophe standen, ein Ein- samer, Sehender, mit den Menschen unsäglich Leidender, bedrückt durch das Bewußtsein, nicht Licht schaffen und erlösen zu können. Nie haben Sie vollen Trost darin finden [2] können, durch Ihre hohe Kunst und Ihr Wort auf die fein Organisierten zu wirken Sie wollen der menschlichen Krea- tur helfen, die in selbstgeschaffenem Elend schmachtet. Die rohen Massen tun ihr Werk aus dumpfen Leiden- schaften heraus, denen sie und die sie verkörpernden Staaten völlig untertan sind. Sie rasen gegen einander in ihrem Wahn und treiben einander ins Unglück aber sie vollbringen im großen ganzen ihre Greuel ohne inneren Zwiespalt. Die wenigen jedoch, die an dem rohen Fühlen der Massen nicht teilnehmen, sondern unbeeinflußt von Leidenschaften am Ideal der Menschenliebe hängen, tragen weit schwereres Los. Sie werden aus ihrer Gesellschaft ausgestoßen und wie Aus- sätzige behandelt, wenn sie nicht Taten begehen, gegen die ihr Gewissen sich aufbäumt, und feige verschweigen, was sie sehen und fühlen. Sie, verehrter Meister, haben nicht ge- schwiegen, sondern gelitten, gekämpft und getröstet wie eine große Seele. 143