3 3 4 D O C U M E N T 1 9 0 F E B R U A R Y 1 9 2 6 ich von Ginzberg einen sentimentalen und gleichzeitig von Advokatenkniffen strotzenden Brief. Er behauptet Sekretär des Kuratoriums zu sein, nur seine Pflicht zu thun etc.[4] Ich antworte weder Magnes noch Ginzberg, zumal ich die Vorge- schichte dieses Tohuwabohu nicht beherrsche. Ich muss Ihnen offen sagen, dass ich die Universität für verloren halte, wenn es so weiter geht. Wenn es an dem Verantwortungsgefühl fehlt, dann kann nichts Gu- tes herauskommen. Und Mangel an Verantwortungsgefühl war es, das Magnes zu solcher Macht gelangen liess. Wenn das Kuratorium sich nicht zu einer radikalen Säuberung entschliesst, werde ich mich wohl ganz von der Sache abwenden, weil es nur schade ist für die aufgewendete Zeit und Mühe. Es grüsst Sie freundlich Ihr A. Einstein. ALS (IL-JeCZA, L12/147I). [37 733]. [1]Rudolf Ehrmann. For Einstein’s letters, see Doc. 186. [2]Judah L. Magnes. [3]On the issue of Israel J. Kligler’s appointment, see Doc. 186, note 8. [4]On the controversy about Solomon Ginzberg’s official position at the Hebrew University, see Doc. 117, notes 6 and 7. 190. From Eduard Einstein [Zurich,] 8. Febr. 26. Lieber Papa! Ich danke Dir vielmals für Deinen Brief.[1] Ich muß Deine Briefe immer bewun- dern. Die meinigen zerplätschern auf wenigem Raum in den allgemein üblichen Banalitäten, Du aber hast immer an den geeigneten Stellen eine passende Sentenz bei der Hand, die das Ganze krönt. Du hättest sicher eine große Zukunft als Sonn- tagsschullehrer oder als Verfasser von griechischen Übungsbüchern gehabt. Übri- gens: ich gratuliere Dir dafür, daß Du von irgendeinem Institut irgend eine goldene Medaille bekommen hast.[2] —(Du siehst: ich bin gut über Dich unterrichtet!) Ich glaube, Du hast recht mit Deinen Bemerkungen über Einfachheit u. Gefühl bei der Kunst.[3] Du bist übrigens darin der gleichen Meinung wie der arme, alte, von Dir so mißachtete Schopenhauer, der, wenn ich mich recht erinnere, gesagt hat: „Alles Große ist einfach.“ Ich habe wohl überhaupt mehr Veranlagung für das In- tellektuelle als für das Gefühlsmäßige, und nicht nur in der Musik. In der Literatur zum Beispiel habe ich eine besondere Vorliebe etwa für Shaw, Spitteler, auch Strindberg,[4] und gerad[e] denen wirft man Mangel an Gefühl vor. Es ist aber si- cher nicht so, daß ich kein Verständnis für Gefühl in der Kunst habe, so schätze ich beispielsweise auch Schumann u. Chopin[5] sehr.—
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