358 D O C . 2 0 8 ON K E R E N H A Y E S O D R A L L Y Erklärung des H E R R N P R O F E S S O R DR. ALBERT EINSTEIN: An sich entspricht es nicht meinem Ideal, daß Rassen- und Traditionsgemeinschaften ihre Sonderheit besonders pflegen und betonen. Sofern aber eine solche Gemeinschaft als solche be- kämpft wird, muß sie sich als Gemeinschaft verteidigen, damit die ihr angehörigen Individuen sich materiell und seelisch be- haupten können. Durch den Zusammenschluß muß bewirkt werden, daß das Individuum seelischen Gefahren entgeht, die aus der Isolierung notwendig entspringen. Wer dies klar er- kannt hat, muß den Zusammenschluß aller Juden zu gemein- samem Werk billigen und begünstigen, auch wenn er jeder nationalistischen Einstellung im Prinzip noch so ablehnend [3] gegenübersteht. Für mich unterliegt es keinem Zweifel, daß bei der heutigen Lage der Dinge der Aufbau Palästinas das einzige Motiv ist, welches die für die Erzielung eines wirksamen Zusammen- schlusses der Juden nötige werbende Kraft besitzt. Es ist [4] Herzls unsterbliches Verdienst, diesen Sachverhalt als erster klar erkannt und aus dieser Erkenntnis die praktischen Kon- sequenzen gezogen zu haben. Deshalb muß nach meiner Ueberzeugung jeder Jude, dem die Gesundheit der jüdischen Gesamtheit und die Würde der Juden überhaupt am Herzen liegt, mit allen Kräften an der Ver- wirklichung von Herzls Ideal mitarbeiten. Der für die jüdische Gemeinschaft und die jüdische Heim- stätte in Palästina arbeitende Jude hört ebensowenig auf, Deutscher zu sein, wie der Jude durch Taufe und Namens- wechsel aufhört, Jude zu sein. Beide Zugehörigkeiten beruhen auf Wesenheiten verschiedener Art. Der Gegensatz liegt nicht zwischen Jude und Deutscher, sondern zwischen aufrecht und charakterlos. Wer seiner Herkunft, Rasse und Tradition die Treue bewahrt, wird sie auch dem Staat bewahren, dem er an- gehört, wer in dem einen treulos ist, ist es auch in dem anderen. 18
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