D O C . 2 0 9 F O R E X P R O P R I A T I O N O F P R I N C E S 3 6 1 Zu einer Zeit, in der breite Schichten des Volkes schlimmer darben als im Kriege, in der die notwendigsten Kulturaufga- ben vernachlässigt werden müssen, in der es nicht möglich ist, den Wohnungslosen ein Heim, den Kranken zureichende Nahrung, den Opfern des Krieges und der Inflation die geschuldete Unterstützung zu gewähren, in einer solchen Zeit des wirtschaftlichen Tiefstandes und der allgemeinen Verarmung wagen es die ehemaligen Fürsten, Vermögensansprüche in Höhe von mindestens drei Milliarden Goldmark an den Staat zu stellen. [1] Auf diese Herausforderung gibt es nur eine Antwort: entschädigungslose Enteignung. Diese Maßnahme ist notwendig geworden, nachdem die Gerichte sich als willfährig genug erwiesen, für die Fürsten und gegen die notleidenden Volks- massen zu entscheiden. Sie ist ein Akt der Selbstverteidigung und der Notwehr aller derer, die durch Krieg und Inflation um Hab und Gut gebracht, also ebenfalls enteignet worden sind, und die jetzt der Wirtschaftskrise und dem Steuerdruck erneut zu erliegen drohen. Sie ist ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit: Wenn der Staat die Opfer des Krieges und der Inflation mit Bettelpfennigen zu entschädigen wagt, dürfen die Fürsten, die an dem Unglück Deutschlands in erster Linie mitschuldig sind, nicht bevorzugt und mit Milliarden abgefunden werden. Millionen Deutsche aus allen politischen Lagern und allen sozialen Schichten haben die Forderung der entschädigungs- losen Enteignung der Fürsten begeistert aufgenommen und verlangen stürmisch eine schnelle und klare Entscheidung. Jetzt gilt es, dem Volksvermögen Milliarden an Geldeswert zu erhalten und sie den durch Krieg und Inflation schwerge- schädigten Schichten zuzuführen. Die Unterzeichneten erklären, daß sie sich in die Massenbewegung einreihen und sich dem Volksentscheid für entschä- digungslose Enteignung der Fürsten anschließen. * Den Aufruf haben bisher unterzeichnet: Frau Gertrud Baer, Berlin Max Barthel, Schriftsteller, Berlin Johannes R. Becher, Schriftsteller, Berlin Dr. Adolf Behne, Schriftsteller, Berlin Pfarrer Bleier, Berlin Dr. Hermann Dunker, Schriftsteller, Berlin Dr. Albert Einstein, Universitäts- professor, Berlin Franz Carl Endres, Major a. D., Stuttgart Frau Gertrud Eysoldt, Schauspielerin, Berlin Eduard Fuchs, Schriftsteller, Berlin Dr. Manfred Georg, Schriftsteller, Berlin Erich Godal, Maler, Berlin Paul Graetz, Schauspieler, Berlin George Groß, Maler, Berlin Dr. C. Grünberg, Professor, Frankfurt a. M. Wilhelm Herzog, Schriftsteller, Berlin Dr. Kurt Hiller, Schriftsteller, Berlin Siegfried Jacobsohn, Herausgeber der „Weltbühne“, Berlin Alfred Kerr, Schriftstel- ler, Berlin Dr. Kurt Kersten, Schriftsteller, Berlin Kurt Kläber, Schriftsteller, Jena Frau Professor Käthe Kollwitz, Ber- lin Emil Lind, Oberregisseur, Berlin Frau Else Tasso-Lind, Berlin Walter Loeb, Staatsbankpräsident a. D., Frankfurt a. M. Paul Löbe, Reichstagspräsident, Berlin Dr. Marck, Universitätsprofessor, Breslau Frau Kläre Marck, Breslau Lo- thar Müthel, Schauspieler, Berlin Leonhard Nelson, Universitätsprofessor, Göttingen Conny Neubauer, Maler, Berlin Professor Paul Oestreich, Berlin Max Pechstein, Maler, Berlin Lothar Persius, Kapitänleutnant z. S. a. D., Berlin Frau Thea Persius, Berlin Erwin Piscator, Oberregisseur, Berlin Hans Reimann, Schriftsteller, Frankfurt a. M. Dr. Schaxel, Universitätsprofessor, Jena Bruno Schönlank, Schriftsteller, Berlin Hans Siemsen, Schriftsteller, Berlin Frau Helene Stöcker, Berlin Ignatz Wrobel, Schriftsteller, Paris Professor Heinrich Zille, Berlin. [2] [1]
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