3 8 2 D O C U M E N T 2 2 5 M A R C H 1 9 2 6 225. From Kurt Blumenfeld[1] Berlin-Wilmersdorf, Rüdesheimer Platz 7, den 18. 3. 1926 Sehr verehrter Herr Professor Einstein, die Zionistische Organisation hat im letzten halben Jahre schwere Zeiten gehabt. Die Krise der Exekutive, die auf dem letzten Kongress entstanden ist, ist noch im- mer nicht überwunden. Der Mangel einer wirklichen Exekutive macht sich auf al- len Gebieten fühlbar.[2] Es gibt seit Monaten keine Instanz, die durch ihre Autorität einen moralischen Einfluss auszuüben vermag. In solchen Zeiten regen sich natur- gemäss der Eigennutz und die Eitelkeit schlechterer Elemente. Während Tausende ihre Mittel, ihre Gesundheit und oftmals auch ihr Leben einsetzen, um in Palästina die Sache vorwärts zu bringen, versuchen einzelne, sich dem Druck der Idee zu ent- ziehen und das zu tun, was ihnen ihr Eigennutz vorschreibt. Es scheint mir aber sicher zu sein, dass in den letzten Monaten der Wunsch nach der Erneuerung der Organisation stärker geworden ist. Jahrelang waren wir alle in erster Linie durch die Beschaffung von Mitteln in Anspruch genommen. Die Not- wendigkeit, Geld für den Aufbau zu beschaffen, die als schwerer Druck auf den Trägern der zionistischen Bewegung lag, liess allzu wenig Zeit übrig für die erzie- herischen Aufgaben der zionistischen Bewegung. Wir sind uns heute alle darüber klar, dass wir auf die Dauer nicht zusehen können, wie unsere wertvollsten Menschen fast ausschliesslich ihren eigentlichen zionistischen Aufgaben entzogen werden. Die Exekutive ist in dieser Erkenntnis nach langen Jahren zu den alten Formen unserer Arbeit zurückgekehrt und hat versucht, in der ganzen Welt eine Aktion durchzuführen, die ausschliesslich der inneren Auseinandersetzung zwischen der zionistischen Idee und der jüdischen Welt dient.[3] Innerhalb dieser Aktion, die bei uns am 11. April beginnen soll, wollen wir in mehreren Veranstaltungen unter an- derem in Berlin, mehrere Sitzungen akademischen Charakters veranstalten, in de- nen wir uns mit Intellektuellen auseinandersetzen.[4] Ich bitte Sie um Ihre Unterschrift für die erforderlichen Aufrufe und Einladun- gen, deren Text Ihnen vorher zugesandt werden wird, und ich frage Sie ferner an, ob Sie bereit sind, in einer dieser Veranstaltungen, in der, wie ich schon darlegte, weder vom Palästina-Aufbau im allgemeinen, noch vom Keren Hajessod[5] im be- sonderen gesprochen werden wird, sondern in der wir über die Ziele der jüdischen Nationalbewegung sprechen wollen, das Wort zu ergreifen. Dieses Mal wendet sich, wie ich schon sagte, nicht der Keren Hajessod an reiche Juden, von denen er Beiträge erhofft, sondern die zionistische Bewegung will Rechenschaft ablegen
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