4 0 0 D O C U M E N T 2 3 7 M A R C H 1 9 2 6 237. To Elsa Einstein [Paris, 28 March 1926] Sonntag Abend.[1] Liebe Else! Es ist diesmal recht hübsch hier, nur habe ich nichts ausgeführt, was ich mir vor- genommen habe. Donnerstag Freitag und Samstag Vormittag waren die gewohnten langweiligen Sitzungen.[2] Die Silberstein habe ich kennen gelernt und ihr offen gesagt, dass ich ihre Kandidatur nicht billige, weil schon genug Juden da sind und die Kandidatur eines jungen Mädchens für eine so begehrte Stelle am wenigsten zu billigen ist.[3] Samstag Abend war ich bei ihrem Onkel Reinach, einem sehr geist- vollen und angenehmen Mann.[4] Heute hab ich mir im Louvre Skulpturen angese- hen, ägyptische römische und mittelalterliche, auch moderne, die mir am wenigsten Eindruck machten Im Museum traf ich zufällig Prof. Gong von Genf.[5] Zu Mittag war ich bei Painlevé geladen und nachmittags durch ihn und mit ihm zu- sammen in einem Salon, wo ein prachtvoller Cellist spielte (Russe) zum Teil von einem modernen jüdischen Komponisten.[6] Es grassiert hier eine sentimentale Be- geisterung für Zionismus bei den Gojim, bei den Juden weniger (Bloch hiess der Komponist ich musste ihm einen Gruss nach Amerika senden).[7] Painlevé ist rei- zend und freundschaftlich, der gemütlichste Kriegsminister, den es wohl je gab.[8] Morgen frühr kommt Henriques zu mir, den ich von Bologna her kenne,[9] dann wieder langweilige Sitzungen, diesmal der meteorologischen Kommission.[10] Dienstag Abend reise ich unwiderruflich ab, komme also Mittwoch Abend an. Diesmal war es sehr angenehm. Ich ging immer um 9 Uhr ins Bett, ass allein und hatte ein so beschauliches Dasein wie kaum je sonst. Im Mai ist wieder Sitzung, bei der ich mich aber vertreten lassen kann.[11] Eisler muss gehen, aber ich habe Schrit- te für ihn unternommen, dass er ein Rockefeller Stipendium kriegt.[12] Armer Kerl, bedeutend als Kopf aber ohne jeden Takt. Er wird aber doch seinen Weg machen Seid alle bestens gegrüsst von Deinem Albert. ALS. [143 196]. [1]Dated by reference to Paul Painlevé’s invitation in Abs. 386. [2]See Doc. 236, note 1. [3]Zoya Silberstein (1900–1990) was a Russian-born French attachée at the section for artistic rela- tions at the IIIC. [4]Salomon Reinach (1858–1932) was a French archaeologist and historian of religion and the arts, Professor at the École de Louvre, conservator of the National Museum of France, and vice-president of the Alliance Israélite Universelle. [5]Possibly Benjamin de Jong van Beek en Donk (1881–1948), a Dutch pacifist and journalist who reported for the Dutch League of Nations and Peace Society’s journal, De Volkenbond, in Geneva.
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