5 2 0 D O C U M E N T 3 2 0 J U L Y 1 9 2 6 320. From Chaim Weizmann [London,] 9. Juli 1926. Sehr geehrter Herr Professor! Ich erhielt Ihr Schreiben vom 6. ds.[1] gestern Abend und moechte ohne Verzug gleich darauf antworten. Sie werden es begreiflich finden, dass der Inhalt Ihres Briefes mich und meine Kollegen, die die Situation mit Ihnen in Berlin beraten hatten,[2] sehr bestuerzt hat. Wir hatten erst vor wenigen Tagen im Kreise der zio- nistischen Exekutive eine sehr ernste und eingehende Beratung ueber die Lage der Universitaet und sind einstimmig zum Beschluss gekommen, dass, was es uns auch immer koste, wir unser Aeusserstes tun muessen, um Ihre Resignation zu verhin- dern.[3] Ich habe bereits dieser Tage einen recht energischen Brief an Herrn Dr. Magnes geschrieben und ihm ziemlich klar angedeutet, dass wir und das Kuratorium unter keinen Umstaenden zulassen werden, dass Sie seinentwegen resignieren.[4] Ich habe, ohne auf die in Ihrem Rundschreiben genannten Punkte einzugehen,[5] —fuer deren Beurteilung ich wegen meiner Abwesenheit von der Muenchener Sitzung[6] nicht als kompetent gelten kann—noch ein uebriges getan und habe ihn in sehr ern- sten Worten auf die allgemeine Entruestung ueber seine eigenmaechtige Verwal- tung und sein staendiges Pochen auf den amerikanischen Geldbeutel hingewiesen und ihm ganz klar gesagt, dass es fuer die Universitaet wuerdiger sei, keine solche Spenden entgegenzunehmen, als immerfort von den Launen und Drohungen der Geldgeber abhaengig zu sein. Ich glaube, er wuerde meine Andeutung verstehen und ich halte es fuer sehr wohl moeglich, dass er, wenn er Ihren und meinen Brief erhaelt, sich zur Resignation entschliessen wird. Ich bin, wie ich Ihnen in Berlin sagte, fest entschlossen, in dieser Auseinandersetzung hinter Ihnen zu stehen, wenn mir die Sache auch aus den Ihnen muendlich dargelegten Gruenden in vielfacher Hinsicht ziemlich ungelegen kommt. Ich bin aber dazu bereit, weil ich ueberzeugt bin, dass Ihre Diagnose der Situation, dass es mit Dr. M. weiter nicht geht und dass man ihm frueher oder spaeter wird unbedingt loswerden muessen, absolut richtig ist. Wenn Sie aber Ihren Vorschlag zurueckziehen und statt auf Dr. M.’s Resigna- tion zu dringen, sich nun selbst zurueckziehen, was kann ich dann tun? Ich muss dann auf halben Wegen stehen bleiben, denn ich selbst kann den Angriff auf Dr. M. wegen meiner politischen Verantwortlichkeiten nicht fuehren, und das muss na- tuerlich zur Folge haben, dass Dr. M. die Macht—und nun fuer immer—behaelt. Und was soll dann aus der Universitaet wirklich werden? Wir koennen sie doch nicht in den Haenden Dr. M.’s und seiner palaestinensischen Clique lassen.[7] Was die Gegenvorstellung des Herrn Prof. Warburg betrifft,[8] so moechte ich doch eines sagen: Herr Prof. Warburg ist ein von mir und von uns allen wegen seiner