D O C U M E N T 4 1 5 N O V E M B E R 1 9 2 6 6 3 5 die Vernichtung des Lebens am vollkommensten erreicht würde. Ich hab mich mein Leben lang mit Problemen geplagt und bin immer wie am ersten Tag erfüllt davon, dass das Erkennen im wissenschaftlichen und künstlerischen Sinne das Be- ste ist, was wir haben. Die Liebe zu diesen Dingen hat in mir nie nachgelassen und wird mir bis zum letzten Schnaufer bleiben, Du bist auch dafür geboren, und Deine gegenteiligen Worte kommen nur aus der Angst, nichts Rechtes leisten zu können. Lieber Tetel, deshalb hab ich eine Art Mitleid mit Dir. Es ist aber leicht zu helfen. Man wird ein Rädchen an der grossen Maschinerie, sodass keiner von einem was anderes fordern kann. Ein denkendes und fühlendes Geschöpf ist man privatim und zur eigenen Freude. Hört man ein paarmal im Leben die Engel singen, so kann man der Welt was schenken und ist ein besonders Glücklicher und Gesegneter Ist es aber nicht der Fall, so ist man doch ein Stückchen der Seele seiner Generation, und das ist auch schön. Denk darüber sorgsam nach, dass Du nicht dem Teufel des Ehrgeizes und der Ei- telkeit zum Opfer fällst. Bedenke auch: nicht die Sehnsucht nach der Leistung son- dern nur die Liebe zu den Dingen kann zu was Rechtem führen. Aber wie dem auch sei, ich habe viel Freude an Dir, weil Du nicht stumpf durchs Leben gehst, sondern sehend und denkend. Ich möchte gerne bald wieder mit Dir zusammen sein. Könntest Du nicht in Deinen Osterferien herkommen? Weihnach- ten trau ich mich nicht, damit Mama[3] nicht so traurig allein ist. Sag ihr dass ich mich schäme, ihre Wünsche noch nicht erfüllt zu haben (Kaktus, Biske war auch leider nicht da, und ich weiss auch seine Adresse nicht mehr)[4] Ich werde mich aber bessern, wenn Gott hilft. Ich hab viel zu thun. Zu dem Wissenschaftlichen hab ich mich noch in einige interessante technische Sachen gestürzt.[5] Es ist so eine Art Sport. Schreib bald wieder Deinem Papa. Ich lege einen Zeddel an Albert bei.[6] Freundliche Grüsse an Mama. ALSX. [75 645]. Cropped. [1]Dated by the fact that this is a reply to Doc. 414 and that Doc. 433 is a reply to this document. [2]See Doc. 414. [3]Mileva Einstein-Mariü. [4]Felix Biske, whom Einstein had been asked to consult about Mileva’s brother’s whereabouts, see Doc. 382. [5]His cooperation with Leo Szilard on refrigerators had begun around September (see Abs. 579). [6]Possibly that mentioned in Doc. 448.
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