6 6 4 D O C U M E N T 4 3 2 D E C E M B E R 1 9 2 6 432. To Heinrich Zangger [Berlin,] 11. XII. 26. Lieber Freund! Es ist sehr lieb von Ihnen, dass Sie den Rudy Kayser nun doch noch untersuchen wollen,[1] trotz der vielen Dinge, die auf Ihre Schultern gepackt sind. Die Angele- genheit Besso[2] schaue ich so an: Besso, den ich ja seit meiner Studentenzeit kenne,[3] ist einer der stärksten, hellsten Köpfe und lautersten Charaktere, die ich in meinem ganzen Leben kennen gelernt habe. Sein Wissen in Physik und Technik ist erstaunlich und ebenso die Selbständigkeit, mit der er dem ganzen Material zur Verfügung steht. Seine schwache Seite ist die Willensstärke. Fragt ihn einer im Amt, so setzt er ihm die Sache erschöpfend auseinander, sodass der andere nur noch zu schreiben hat hat er aber selbst was zu machen, so ist dieser letzte Schritt fast unüberwindlichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Zum Teil hemmt ihn das Be- streben der Sache völlig gerecht zu werden, zum Teil Mangel an Entschlussfähig- keit. So kommt es, dass dieser übergewissenhafte Mensch gerade wegen seiner Gewissenhaftigkeit zu wenig unter seinem Namen erledigt. Ich bin aber der Über- zeugung, dass seine Arbeitskraft dem Amte durch das, was er den anderen in schwierigen Fällen hilft, wirksamere Dienste leistet als ein Durchschnittsin- genieur, der das verlangte Quantum an Aktennummern erledigt. Ich bin überzeugt, dass z. B. sein Vorgesetzter Oberlin[4] dies gerne bestätigen würde, ebenso sein äl- terer Kollege Sauter, der ebenfalls zu den gelehrtesten Mitarbeitern des Amtes gehört.[5] Es wäre sehr lieb von Ihnen, wenn Sie diese Argumente an massgebender Stelle zur Geltung brächten. Ich selbst kann es trotz des dargestellten Sachverhaltes nicht über mich bringen, eine Initiative zu ergreifen, weil dies mit Recht als Unbe- scheidenheit ausgelegt werden könnte. Ich würde mich aber glücklich preisen, wenn mir durch Anfrage Gelegenheit geboten würde, für den vortrefflichen Mann einzutreten. Mit den besten Wünschen für die Ferien und in der Hoffnung, vorher noch einen gemütlichen Abend mit Ihnen zu verbringen,[6] bin ich Ihr A. Einstein. ALS (SzZuZB, Nachlass H. Zangger, box 1a). Schulmann 2012, pp. 440–441. [89 513]. Obscured. [1]Rudolf Kayser. On his illness, see Abs. 650 and Abs. 673. [2]For Michele Besso’s difficulties at the Swiss Patent Office, see Doc. 405. [3]Einstein first met Besso at a musical evening in Zurich (see his Biography [Vol. 1, p. 378]). [4]Hermann Oberlin (1857–1928) was the deputy administrator for technical affairs at the Swiss Patent Office. [5]Joseph Sauter. Prior to his position at the Patent Office, Sauter was assistant to Heinrich F. Weber at the ETH between 1894 and 1896 (see Schulmann 2012, p. 438). [6]Zangger was planning to leave Berlin to return to Zurich on 13 November (see Abs. 673).
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