D O C U M E N T 4 3 6 D E C E M B E R 1 9 2 6 6 6 9 436. To Heinrich Zangger [Berlin,] 21. XII. 26. Lieber Freund Zangger! Sie haben mir darüber berichtet, dass Herr Besso, Experte am Amt für geistiges Eigentum in Bern, wegen zu geringen erledigten Aktenmaterials in Gefahr ist, sei- ner Stellung enthoben zu werden. Sie fragen mich über meine Meinung bezüglich der Eignung Bessos für seine Stelle.[1] Ich antworte gern auf diese Frage, weil ich als langjähriger Kollege Herrn Besso und seine beruflichen und menschlichen Ei- genschaften genau kenne. Bessos Stärke ist eine aussergewöhnliche Intelligenz und unbeschränkte Hinga- be an die berufliche und moralische Pflicht, seine Schwäche eine allzu geringe Ent- schlussfähigkeit. So erklärt es sich, dass sein äusserer Erfolg im Leben in keinem Verhältnis stand zu seinen glänzenden Fähigkeiten und seinem aussergewöhnli- chen Wissen auf technischem und rein wissenschaftlichem Gebiete. So erklärt es sich auch, dass im Amte zu wenig Aktenstücke seinen Namen tragen. Jeder im Amte weiss, dass er sich in schwierigen Fällen Rat bei Besso holen kann er versteht ungemein rasch die technische und juristische Seite jeder Patentangele- genheit und verhilft dem Kollegen gern zu einer raschen Erledigung, indem er so- zusagen die Einsicht, der andere den Willen bezw. die Entschlusskraft zu dem Geschäft liefert. Hat er aber selbst eine Sache zu erledigen[,] dann ist der Mangel an Entschlusskraft hemmend. So entsteht die tragische Situation[,] dass einer der wertvollsten Arbeiter des Amtes, den ich in mancher Beziehung als nahezu uner- setzlich bezeichnen möchte, nach aussen den Eindruck mangelnder Brauchbarkeit machen muss.[2] Meine Ansicht ist also die, dass Besso eine höchst wertvolle konsultative Thä- tigkeit entfaltet und dass seine Entfernung aus dem Amte ein schwerer Fehler wäre. Ja noch mehr, seine technisch-juristischen ¢Fähigk² Kenntnisse[3] und sein Urteils- Vermögen sind so aussergewöhnlich, dass man es im Interesse des Staates nur be- dauern kann, dass diese Fähigkeiten nicht an wichtigerer Stelle Verwendung finden als bei der formalen Reinigung von Patentschriften. Er könnte z. B. bei der Beur- teilung von Patent-Rekursen und bei eigentlich patentrechtlichen (gerichtlichen) Entscheidungen ein Experte von ausserordentlichem Werte sein, wenn er den Fall nur sachlich zu beleuchten hätte—und ein anderer das Aktenstück schriebe. So pflegt es ja auch im Amte zu geschehen.