7 0 4 D O C U M E N T 4 4 8 J A N U A R Y 1 9 2 7 448. To Mileva Einstein-Mariü [Berlin, after 10 January 1927][1] Liebe Mileva! Heute empfing ich Deinen Brief und habe Mitgefühl mit Dir, weil Du so viel ausstehst.[2] Nicht wegen Tetel,[3] denn der wird mit seiner Grippe schon siegreich fertig werden grüsse ihn herzlich. Aber wegen Albert,[4] der Dir das Leben wirk- lich schwer macht. Er bringt Dich so in das Gefühl hinein, dass ich mit ihm kon- spiriere. Aber nichts von alledem ist der Fall. Einmal habe ich dem Brief an Tete einen an Albert beigelegt,[5] worin ich ihm schwere Vorwürfe machte, weil er sei- nem Versprechen untreu geworden ist, sich von objektiven Aerzten beraten zu lassen.[6] Das zweite Mal schrieb ich ihm eine Karte und lud ihn darin ein, mich hier zu besuchen und sich von der schweren Examenarbeit zu erholen.[7] Dass er sich um Dich nicht kümmern solle, habe ich ihm nie gesagt, überhaupt nichts get- han, was ihn animieren könnte die natürliche Dankbarkeit gegen eine wirklich gute und opferbereite Mutter ¢geri² zu beeinträchtigen. Ich weiss also nicht, worauf er anspielte. Ich kann mir nur denken, dass ich einmal sagte, er müsse einmal fort und die Welt kennen lernen, auch wenn Du nicht dafür wärest. Denn das ist für einen jungen Menschen nötig. Aber dies ist nur so eine Vermutung. Der Einfluss des Mädchens[8] ist schlecht. Ich weiss noch lange nicht, ob sie ihn zu mir lässt. Wenn er sein Benehmen nicht bessert, so wirst Du ihn kaum bei Dir behalten können. Da ist es schon besser, man tanzt nicht umeinander herum und macht sich gegenseitig das Leben sauer. Wenn Du willst, und er nicht herkommt, schreibe ich es ihm. Wir haben gethan, was menschenmöglich war. Da es nun nichts gefruchtet hat, werden wir uns vollständig von ihm trennen müssen, damit Du wieder ein ruhiges, harmonisches Leben bekommst. Du hast ja dann unseren Tete, der doch ein liebes und verständiges Kerlchen ist. Wenn der Albert seine Hör- ner abgestossen hat, und wir bis dahin noch leben, kommt er vielleicht vernünftig geworden wieder zurück. Jetzt ist mit ihm nichts zu machen.— Zinsen will ich kei- ne von Dir und wünsche auch nicht, dass Du Dich mit dem Zurückzahlen beeilst.[9] Du kannst mir jeweilen etwas davon zurückgeben, wenn ich in die Schweiz kom- me. Du wirst überhaupt nach und nach merken, dass es kaum einen angenehmeren geschiedenen Mann gibt als mich. Ich bin nämlich treu in einem anderen Sinne als es ein junges Mädchen träumt, aber doch treu. Also zusammenfassend: Gräme Dich nicht und gewöhne Dich daran, Albert zie- hen zu lassen. Biske hat leider—nachdem ich für seine Einreise gesorgt und bezahlt
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