D O C U M E N T 4 5 1 J A N U A R Y 1 9 2 7 7 0 9 esse an der Frage, am Forschen zu wecken sucht. Sobald dieses Interesse vorhan- den ist, ist er ein ausgezeichneter Resonanzboden dafür. Er ist ganz darauf eingestellt, die Ansicht des andern zu erfassen und darin die problematischen Punkte aufzudecken daher ist er glänzend in der Diskussion. In dieser verfolgt er den Zweck Gegensätze, Unstimmigkeiten zu überbrücken. Dies und die Fähigkeit in die Gedanken des andern einzudringen, macht ihn zu einem fruchtbaren Kritiker. Seine Stärke liegt nicht darin, dass er selbst das Material zu einem Aufbau schafft, sondern darin, dass er, wie Sokrates, es reinigt und so mit- wirkt (Er nannte sich immer selbst eine Hebamme)[3] Das stete Eingehen auf die andern forderte von ihm ein fortwährendes Sammeln von Wissenswertem aus allen Gebieten, ein sehr vielseitiges Interesse er hat mit eigenen Augen die verschiedensten Arbeitsweisen am Werk gesehen. So ist er im stande stets wertvolle Anregungen zu geben, aber ebenso hat er einen scharfen Blick für Einseitigkeiten methodischer oder inhaltlicher Art und strebt, sie auszu- gleichen. Das macht ihn demjenigen besonders wertvoll, der als Spezialist in einem bestimmten Gebiete arbeitet. Er ist der Nicht-Spezialist par excellence. Seine gros- se Belesenheit und sein weitreichendes Wissen dienen ihm eigentlich nur als Hilfs- mittel Er ist nicht Sammler, Systematiker auch nicht Redner und Schriftsteller, so schlagend er in der Argumentation ist, so ungeschickt ist er in der zusammenhän- genden Rede oder Schrift. Hier fehlt ihm eben das eigentliche Material, das er so meisterlich zu bearbeiten versteht, nämlich das Denken des ihm gegenüberstehen- den Menschen, und wobei ihn auch ein ganz aussergewöhnlicher Takt leitet. Er ist ein typisch „civilisierter“, nicht „kultureller“ Mensch (civitas betrifft Menschen, cultura Sachen) Die Gebiete, die er auch rein sachlich besonders gut beherrscht, sind Physik und Mathematik und da tritt seine „formierende“ Wirkung besonders hervor aber über alle Naturwissenschaften und auch Philosophie und Nationaloekonomie hat er grosse Übersicht, weniger Einzelkenntnisse. Technik, Versicherungs- und Patent- wesen sind ihm aus praktischer Tätigkeit gut bekannt. Was jedem Suchenden, mit dem er zusammenkommt, so nützlich ist, schadet ihm selbst denn er ist nie fertig, mit abschliessendem Urteil, er ist nie zufrieden mit dem, was er hat keine Arbeiten tragen seinen Namen, seine Werke liegen in den Menschen, die er gebildet hat. ATrD. Einstein and Besso 1972, pp. 546–547. [7 096]. In unknown hand. Enclosed with Doc. 452 and referred to as “Gutachten über den Experten Besso.” [1]Dated by the reference to this document in Doc. 452. [2]Latin for “either-or.”
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