7 8 6 D O C . 503 O N N E W T O N ’S M E C A N I C S Ein s t e in : New t ons Mechanik und ihr E influ β auf die Gestaltung der theoret. Physik. 275 Heft 12 . 25. 3. 1927 also außer den Massen und ihren zeitlich variablen Abständen noch etwas, was für das Geschehen maß- gebend ist : dieses „Etwas“ faßt er als die Beziehung zum „absoluten Raum“ auf. Er erkennt, daß der Raum eine Art physikalischer Realität besitzen muß, wenn seine Bewegungsgesetze einen Sinn haben sollen, eine Realität von derselben Art wie die materiellen Punkte und deren Abstände. Diese klare Erkenntnis zeigt ebenso N e w t o n s Weisheit wie auch eine schwache Seite seiner Theorie. Denn der logische Aufbau der letzteren wäre gewiß [6] befriedigender ohne diesen schattenhaften Begriff dann gingen nämlich in die Gesetze nur Gegen- stände ein (Massenpunkte, Entfernungen), deren Beziehung zu den Wahrnehmungen vollkommen klar ist. 2. Die Einführung unvermittelter, instantan wirkender Fernkräfte zur Darstellung der Gravi- tationswirkungen entspricht nicht dem Charakter der meisten Vorgänge, die uns aus der täglichen Er- fahrung bekannt sind. Diesem Bedenken begegnet N e w t o n durch den Hinweis darauf, daß sein Gesetz der Schwere-Wechselwirkung keine letzte Er- klärung sein soll, sondern eine aus der Erfahrung induzierte Regel. 3. N e w t o n s Lehre lieferte keine Erklärung für die höchst merkwürdige Tatsache, daß Gewicht und Trägheit eines Körpers durch dieselbe Größe (die Masse) bestimmt werden. Auch die Merkwürdigkeit dieser Tatsache ist N e w t o n aufgefallen. Keiner dieser drei Punkte hat den Rang eines logischen Einwandes gegen die Theorie. Sie bilden gewissermaßen nur ungestillte Wünsche des nach restloser und einheitlicher gedanklicher Durch- dringung des Naturgeschehen ringenden wissen- schaftlichen Geistes. N e w t o n s Bewegungslehre, als Programm für die gesamte theoretische Physik aufgefaßt, erfuhr ihre erste Erschütterung durch die Ma x w e l l sche Theorie der Elektrizität. Es zeigte sich, daß die Wechselwirkungen zwischen Körpern durch elek- trische und magnetische Körper nicht durch momentan wirkende Fernkräfte erfolgen, sondern durch Vorgänge, die sich mit endlicher Geschwindig- keit durch den Raum fortpflanzen. Es entstand neben dem Massenpunkt und seiner Bewegung nach F a r a d a y s Konzeption eine neue Art physi- kalischer realer Dinge, nämlich das „Feld“ . Dieses wurde zunächst in Anlehnung an die mechanische Denkweise als mechanischer (Bewegungs- oder Zwangs-) Zustand eines raumerfüllenden hypo- thetischen Mediums (des Äthers) aufzufassen ge- sucht. Als aber trotz hartnäckigster Bemühung diese mechanische Interpretation nicht gelingen wollte, gewöhnte man sich langsam daran, das „elektromagnetische Feld“ als letzten irreduzibeln Baustein der physikalischen Realität aufzufassen. Wir verdanken H. He r t z die bewußte Loslösung des Feldbegriffes von allem Beiwerk aus dem Begriffsschatz der Mechanik, H. A. Lo r e n t z die Löslösung des Feldbegriffes von einem materiellen Träger: nach letzterem figurierte als Träger des F e ld es nur mehr der physikalische leere Raum (oder Äther), der ja schon in Ne w t o n s Mechanik nicht aller physikalischen Funktionen bar gewesen war. Als sich diese Entwicklung vollzogen hatte, glaubte niemand mehr an unvermittelte momentane Fern- wirkungen, auch nicht auf dem Gebiete der Gravitation, wenn auch eine Feldtheorie der letz- teren mangels an genügendem Tatsachenwissen nicht eindeutig vorgezeichnet war. Die Entwick- lung der elektromagnetischen Feldtheorie führte auch nachdem N e w t o n s Fernkrafthypothese verlassen war zu dem Versuch, das Ne w t o n - sche Bewegungsgesetz elektromagnetisch zu er- klären bzw. durch ein genaueres zu ersetzen, das auf die Feldtheorie gegründet war. Wenn diese Bemühungen auch nicht zu einem vollen Erfolg führten, so hatten doch die mechanischen Grund- begriffe aufgehört, als fundamentale Bausteine des physikalischen Weltbildes betrachtet zu werden. Die Ma x w e l l -Lo r e n t z sch e Theorie führte mit Notwendigkeit zur speziellen Relativitäts- theorie, welche wegen der Vernichtung des ab- soluten Gleichzeitigkeitsbegriffes die Existenz von Fernkräften ausschloß. Diese Theorie ergab, daß die Masse keine unveränderliche, sondern eine vom Energieinhalte abhängige (ja mit diesem gleich- wertige Größe) sei. Sie zeigte auch, daß Ne w t o n s Bewegungsgesetz nur als ein für kleine Geschwindig- keiten gültiges Grenzgesetz aufzufassen sei sie setzte an dessen Stelle ein neues Bewegungsgesetz, in welchem die Vakuumlichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit auftritt. Den letzten Schritt in der Entwicklung des Programms der Feldtheorie bildete die allgemeine Relativitätstheorie. Sic modifiziert Ne w t o n s Theorie quantitativ nur wenig, qualitativ um so tiefgreifender. Trägheit, Gravitation und metri- sches Verhalten der Körper und Uhren wurden auf eine einheitliche Feldqualität zurückgeführt, dies Feld selbst wieder als von den Körpern abhängig gesetzt (Verallgemeinerung des Ne w t o n schen Gravitationsgesetzes bzw, des ihm entsprechenden Feldgesetzes, wie es Po is s o n formuliert hatte). Damit waren Raum und Zeit zwar nicht ihrer Realität wohl aber ihrer kausalen Absolutheit (Absolutheit = beeinflussend, aber nicht be- einflußt) entkleidet, die ihnen Ne w t o n zuschreiben mußte, um den damals bekannten Gesetzen Aus- druck verleihen zu können. Das verallgemeinerte Trägheitsgesetz übernimmt die Rolle des Ne w t o n - schen Bewegungsgesetzes. Aus dieser kurzen Charakterisierung erhellt schon, wie die Elemente der NEWTONschcn Theorie in die allgemeine Relativitätstheorie übergingen, wobei die oben genannten drei Mängel überwunden wurden. Es scheint, daß im Rahmen der allgemeinen Rela- tivitätstheorie das Bewegungsgesetz aus dem dem NEWTONschen Kraftgesetz entsprechenden Feld- gesetz hergeleitet werden kann. Erst nach völliger Erreichung dieses Zieles kann von einer reinen Feld- theorie die Rede sein. Ne w t o n s Mechanik hat noch in einem mehr for- 23 [7] [8] [9] [10] [11]
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