D O C U M E N T 8 J U N E 1 9 2 7 5 7 8. To Hendrik A. Lorentz [Berlin,?] 17. VI. [19]27 Verehrter Herr Professor Lorentz! Ich erinnere mich, dass ich Ihnen gegenüber die Verpflichtung übernommen habe, am Solvay-Kongress ein Referat zu halten über Quanten-Statistik.[1] Nach vielem Hin-und-Her-Überlegen komme ich aber zu der Überzeugung, dass ich nicht fähig bin zu einem solchen Referat, das wirklich dem Stande der Dinge ent- spricht. Der Grund liegt darin, dass ich die moderne Entwickung der Quantentheo- rie nicht so intensiv habe mitmachen können, wie es hiezu nötig wäre. Das kommt teilweise daher, dass ich überhaupt receptiv zu wenig begabt bin, um der stürmi- schen Entwicklung völlig zu folgen, teilweise auch daher, weil ich innerlich die rein statistische Denkweise, auf denen die neuen Theorien beruhen, nicht billige. Ich suche immer noch nach einer Theorie, die völlig deterministisch ist, und habe dabei vorläufig den Anschluss an die Entwicklung verloren. In meinen Bestrebun- gen bin ich aber noch nicht weit genug vorgedrungen, um sagen zu können, ob sie irgendwelchen Erfolg versprechen. Nun werden Sie mit Recht auf mich böse sein, dass ich Ihnen dies erst jetzt mitteile. Aber ich hegte bisher immer noch die Hoff- nung, in Brüssel etwas von einigem Wert beitragen zu können dies habe ich nun aufge-geben. Ich bitte Sie von Herzen, mir deshalb nicht böse zu sein ich habe es nicht leicht damit genommen, sondern mich mit allen Kräften bemüht. Es besteht die Hoffnung, dass immer noch ein anderer dieses Referat übernimmt. Ich komme sehr gerne nach Brüssel. Wenn aber die Zahl der Teilnehmer nicht vermehrt werden kann,[2] so muss ich durch einen andern ersetzt werden (z.B. durch Herrn Fermi in Bologna,[3] der es sicher gut machen würde oder durch Langevin,[4] der in letzter Zeit nach seiner eigenen Erzählung die statistische Theorie der Quanten sehr wirk- sam gefördert hat). Ich freue mich, dass Sie aus Amerika gesund und froh zurückgekehrt sind,[5] und dass ich bald die Freude haben werde, Sie wiederzusehen. Einstweilen grüsst Sie herzlich Ihr A. Einstein. ALSX. [16 612.1]. Kox 2008, pp. 651–652. [1] The Fifth Solvay Congress was to take place 24–29 October 1927. In his letter of 6 April 1926 (Vol. 15, Doc. 246), Lorentz invited Einstein to deliver a lecture there on new derivations of Planck’s law and the application of statistics in quantum theory. In his reply of 12 April (Vol. 15, Doc. 254) Einstein declined and suggested Lorentz choose Erwin Schrödinger instead, but Lorentz insisted and Einstein complied (see Lorentz to Einstein, 28 April 1926 and Einstein to Lorentz 1 May 1926 [Vol. 15, Docs. 269 and 272]). [2] In his letter of 28 April 1926 (Vol. 15, Doc. 269), Lorentz had emphasized that the organizers had to limit the number of participants. [3] Enrico Fermi (1901–1954) was Professor of Theoretical Physics at the University of Rome.
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