D O C U M E N T 8 5 N O V E M B E R 1 9 2 7 1 5 7 85. To Carl Heinrich Becker[1] [Berlin,] den 12. 11. 27. Hochgeehrter Herr Minister! Bezugnehmend auf Ihren Brief vom 10.11.27.[2] erlaube ich mir folgendes zu bemerken: Als Mitglied der Kommission für internationale geistige Zusammenarbeit habe ich an deren Tagung, welche in der letzten Woche des Julis stattfand, teil- genommen.[3] Die gefassten Resolutionen werden sämtlich vom Völkerbund veröffentlicht.[4] Die Verhandlungen der Kommission sind geheim und es ist daher fraglich, inwieweit sich die Mitglieder der Kommission über den Verlauf der Beratungen äussern dürfen. Ich muss mich daher auf folgende allgemeine Bemerkungen be- schränken: Die Kommission und insbesondere ihr Präsident Herr Prof. Lorentz,[5] sind be- müht, sich auf eine rein vermittelnde Tätigkeit zu beschränken. Sie sucht das Zu- standekommen internationaler Organisationen und allgemeinen internationalen Zusammenwirkens auf dem Gebiet wissenschaftlicher Arbeit zu fördern, ohne selbst eine leitende Stellung in derartigen Unternehmungen anzustreben. Sie wirkt in demselben Sinne auf das Pariser Institut ein[6] Sie hat in dieser Richtung auf das Institut einen Druck ausgeübt, der auch in den Veröffentlichungen zum Ausdruck kommt. Auch hält die Kommission auf ihre volle Unabhängigkeit gegenüber der „Union academique“ und dem „Conseil de recherches.“[7] Bezüglich des Eintritts der wissenschaftlich[en] Korporationen der ehemaligen Zentralmächte in die genannten Organisationen wurde vom Präsidenten mit Erfolg der Standpunkt vertreten, dass es nicht so sehr auf eine Eingliederung als vielmehr auf ein tatsächliches Zusammenwirken ankomme.[8] Ich lege hierauf deshalb be- sonderen Wert, weil man das Bestreben erkennt, Prestige-Fragen auszuschalten und nur der Sache zu dienen. Es wäre erfreulich, wenn das Streben nach Ausschal- tung politischer Gesichtspunkte auch auf unserer Seite bald Platz greifen würde.[9] In vorzüglicher Hochachtung! TLC. [34 842]. Excerpts of the letter were published in Nathan and Norden 2004, pp. 104–105. Ad- dressed “An den Herrn Minister Dr. Becker.” There are perforations for a loose-leaf binder at the left margin of the document. [1] Becker (1876–1933) was Prussian minister of science, art, and adult education. [2] Becker had sent Einstein a transcript of a letter by Gustav Stresemann regarding the par- ticipation of Germans in the committees of the League of Nations (see Abs. 258). [3] The ninth session of the ICIC had taken place in Geneva 20–26 July 1927. [4] See League 1927. [5] Hendrik A. Lorentz.
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