D O C . 1 5 6 B A S I C C O N C E P T S O F P H Y S I C S 2 7 3 Und doch wissen wir heute sicher, dass Newtons Grundbegriffe & Hypothesen nur eine Annäherung an die Wahrheit darstellen. Zuerst waren es die Gesetzmäs- sigkeiten der Elektrizität & des Lichtes, welche die Prägung neuer Grundbegriffe nötig machten. Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Wellencharakter des Lichtes offenbar wurde, konnte letzteres zwar noch als Bewegung eines hypo- thetischen Körpers, des Lichtäthers, aufgefasst werden. Aber je genauer die Eigenschaften des Lichtes bekannt wurden, desto schwieriger wurde es, dem Lichtäther mechanische Eigenschaften zuzuschreiben, die mit den Thatsachen ver- einbar & in sich widerspruchsfrei waren. Der Lichtäther war nach jener Auffassung eine Art Materie, die mit der „greifbaren & wagbaren“ Materie der sonstigen Physik wenig Aehnlichkeit hatte. So verlor Newtons Gebäude seine ursprüngliche Einheitlichkeit. Als Faradays & Maxwells Forschungen den Wesenszusammenhang von Elek- trizität & Licht offenbarten, wurde es bald klar, dass ein Grundbegriff der Newtonschen Theorie den Thatsachen nicht standhalten konnte, es war dies der Begriff der unmittelbar zwischen den Elementarteilchen ohne Zeitverlust wirken- den Fernkräfte. Dafür trat ein neuer Grundbegriff auf, der Feldbegriff. Ein elek- trisch geladener Körper sollte nun nicht mehr auf den andern wirken. Er war von einem „Felde“ umgeben, das seine besonderen räumlichen & zeitlichen Gesetze hatte & sich sogar von den Körpern loslösen konnte. Unter Feld verstand man ei- nen energetischen Zustand des Raumes, der durch stetige Funktionen beschrieben wurde & als physikalische Realität ebenso ursprünglich war wie die Elementarkör- perchen. Bald schien es, dass dieser Grundbegriff der übergeordnete werden müsse in dem Sinne, dass die Elektronen & Protonen nur als besonders ausgezeichnete Stellen des Feldes aufzufassen seien. Es entstand die elektromagnetische Mechanik als ein Versuch, die Mechanik aus den Feldgesetzen des Elektromagnetismus abzuleiten.[6] So erstand eine Grundlage der Physik, welche im Prinzip ausserordentlich von der Newtonschen abwich & dabei die Newtonsche an logischer Geschlossenheit noch übertraf. Die hierauf folgende Relativitätstheorie war nichts anderes als die konsequente Weiterbildung der Feldtheorie. Sie zeigte, dass die Gleichzeitigkeit keinen absoluten Charakter habe, dass die Geometrie Euklids nicht exakt gültig sei. Die Lagerungs-Gesetze der Körper erwiesen sich als eine Eigenschaft des Gravita- tionsfeldes, dessen Gesetz sich ergab. So rüttelte die Feldtheorie an den Grundbegriffen Zeit, Raum, Materie. Aber an einem Pfeiler des Gebäudes hat sie sich nicht vergriffen: An der Hypothese der Kausalität. Aus einem Zustand der Welt zu einer bestimmten Zeit folgen auf Grund der Naturgesetze alle früheren & späteren Zustände eindeutig. Heute aber sind ernste Zweifel an dem so verstandenen Kausalitätsgesetze auf- getaucht. Nicht Neuerungs-Sucht der Gelehrten ist daran schuld, sondern die Wucht der Tatsachen, welche sich mit einer streng kausalen Theorie nicht zu [p. 5]
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