D O C U M E N T 2 0 1 M AY 1 9 2 8 3 2 5 an Ihren Beratungen teilzunehmen, wenn mein gesundheitlicher Zustand mir nicht die lange Reise nach England verboten hätte. Ich möchte mir daher gestatten, Ihnen wenigstens auf brieflichem Wege meine Auffassung über die Hauptpunkte der Ta- gesordnung zu unterbreiten. Im Mittelpunkt Ihrer Beratungen wird wohl das Problem des Verhältnisses von Lehre und Forschung an der Universität stehen. Ich habe die gedankenreiche Denk- schrift der bei der letzten Sitzung zur Beratung dieser Frage eingesetzten Kommis- sion eingehend studiert und bin trotz anfänglicher Bedenken zu der Ueberzeugung gelangt, dass ein allmählicher Uebergang zum Unterricht auch für Anfänger mit den Prinzipien, die wir für den Aufbau der Universität als massgebend angesehen haben, nicht unvereinbar ist, sofern nur drei Bedingungen eingehalten werden, die in der Denkschrift auch klar zum Ausdruck gebracht sind:[2] 1. dass an keiner Abteilung der Universität ein Lehrbetrieb für Anfänger be- gonnen wird, ehe nicht durch intensive Forschung in Gemeinschaft mit fortge- schrittenen Mitarbeitern ein gewisses wissenschaftliches Niveau geschaffen worden ist,[3] 2. dass die Zulassungsbedingungen zu diesen Universitätskursen so festge- legt werden, dass wirklich nur Studierende, die die Fähigkeit und den Willen zu wissenschaftlicher Betätigung haben, Zutritt erhalten und die fabrikmässige Pro- duktion von blossen Titelakademikern absolut ausgeschlossen wird,[4] 3. dass Lehrkurse nur in den Fächern eingerichtet werden, für die Professoren und Dozenten von Universitätsrang an der Universität vorhanden sind, dass hinge- gen die Besetzung von Universitätslehrämtern mit nicht ausreichend für den Uni- versitätsunterricht qualifizierten Lehrkräften (Oberlehrern u.s.w.) radikal ausgeschaltet wird.[5] Die Einhaltung dieser absolut wesentlichen Vorbedingungen wird freilich nur dann möglich sein, wenn die akademische Verwaltung von einer sachkundigen und gerade in Prinzipienfragen von unbeugsamen Ueberzeugungen geleiteten Persön- lichkeit geführt wird. Aus diesem Grunde und überhaupt im Interesse einer gedeih- lichen Fortentwicklung der Universität als Ganzes messe ich dem in der Denkschrift der Kommission enthaltenen Vorschlage zur Einsetzung eines akade- mischen Leiters der Gesamtuniversität grundsätzliche Bedeutung bei.[6] Es muss m.E. ein akademisches Initiativ- und Ausführungsorgan für das nur einmal im Jah- re zu einer Sitzung zusammentretende Kuratorium geschaffen werden, das kraft sachverständigen Einblicks in die Probleme des Aufbaus einer Universität über- haupt und persönlicher Kenntnis der geistigen Situation an der Universität und in Palästina geeignet erscheint, dem Kuratorium wohlerwogene und kompetente Vor- schläge für den Ausbau der Universität zu unterbreiten, andererseits aber für eine sachgemässe Durchführung der die akademische Entwicklung der Universität tan- gierenden Beschlüsse des Kuratoriums Gewähr zu bieten. Ich glaube, dass keine
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