D O C U M E N T 2 0 2 M AY 1 9 2 8 3 3 1 202. To Chaim Weizmann Berlin, den 29. Mai 1928. Privat. Lieber Weizmann! Ich sende Ihnen anbei 2 ausführliche Briefe, von denen ich Sie bitten würde, den ersten gleich zu Beginn der Sitzung an alle Mitglieder des Akademischen Rates und des Kuratoriums zu verteilen, den zweiten aber erst vorzulegen, wenn die amerikanische[?]prinzipielle Seite der Frage erledigt ist und der Akademische Rat und das Kuratorium an die Wahl des akademischen Leiters herantritt.[1] Ich möchte Ihnen dazu noch einige persönliche Worte schreiben. Wie ich Ihnen in meinem Brief vom vergangenen Januar darlegte, halte ich die Ernennung eines kompetenten akademischen Leiters für das A und O aller gedeih- lichen Fortentwicklung der Universität.[2] Wenn das nicht jetzt durchzusetzen ist, so ist es m.E. viel besser, die ganze Bude zu schliessen. Denn wenn die Sache so weiter läuft, wird die Universität nicht nur selbst in ein paar Jahren zu einer Lächer- lichkeit geworden sein, sondern indirekt auch das Prestige Palästinas und aller de- rer, die dafür arbeiten, in den Augen der Welt furchtbar schädigen. Für mich jedenfalls ist es conditio sine qua non für mein weiteres Verbleiben im Kuratorium, dass jetzt ein akademischer Leiter ernannt wird, und zwar sofort, und zwar mit ge- nauer Festlegung seiner Funktionen. Ich muss Ihnen ganz offen sagen, dass die Art und Weise, wie Herr Dr. M., nachdem er den Vorschlag zur Ernennung eines aka- demischen Oberhauptes angenommen hat, nun wieder Schritt für Schritt durch alle möglichen Taktiken die Durchführung der Reform zu verhindern oder zu erschwe- re versucht hat, in mir aufs neue ernsteste Zweifel darüber erweckt hat, ob eine Ge- sundung der Verhältnisse überhaupt möglich ist, solange er an der Spitze der Verwaltung bleibt.[3] Ich halte vor allem die Art und Weise, wie er sich bemüht hat, durch Einladung Professor Landaus zur Uebernahme des Postens des akademi- schen Leiters ein fait accompli zu schaffen, ohne weder Sie noch michuns zu befragen—nachdem die Initiative zur Schaffung des Postens doch von uns ausge- gangen war und der ganze Sinn der Institution der war, seine (Dr. M.s) Befugnisse radikal einzuschränken—für unerhört illoyal und ausgesprochen destruktiv.[4] Er wusste sehr wohl, dass ein Mann wie Landau unmöglich sein wissenschaftliches Lebenswerk auf Jahre würde unterbrechen können, um sich mit seinen besten Kräf- ten dem akademischen Aufbau der Universität zu widmen. Der Tätigkeitsbereich des akademischen Leiters könnte unter diesen Umständen nur begrenzter Natur sein und dem Kanzler würde nach wie vor ein entscheidender Einfluss auf die aka- demische Verwaltung verbleiben. Wir aber wurden vor die Alternative gestellt, ent- weder das von Dr. M. geschaffene fait accompli anzunehmen oder den Eindruck zu
Previous Page Next Page